Modul 5: Risikobewertung und Verbesserung der Sicherheit

1. Risikofaktoren für häusliche Gewalt
2. Risikobewertung
3. Geschlechteraspekte bei der Risikobewertung
4. Sicherheitsplanung
5. Kommunikation von Sicherheitsmaßnahmen und Risikobewertung
6. Aspekte eines optimalen Verfahrens zur Risikobewertung

Quellen

Einleitung
Willkommen zu Modul 5: Risikobewertung und Verbesserung der Sicherheit. In diesem Modul werden Sie die entscheidenden Komponenten der Risikobewertung und Sicherheitsplanung bei häuslicher Gewalt kennenlernen. Wir werden uns mit der Identifizierung von Risikofaktoren im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt befassen, mit der Frage, wie man eine Risikobewertung durchführt und warum es notwendig ist, Geschlechteraspekte bei der Risikobewertung zu berücksichtigen. Darüber hinaus werden wir Strategien für die Sicherheitsplanung und die wirksame Kommunikation von Sicherheitsmaßnahmen und Risikobewertungen vorstellen.

Lernziele
+ Durchführung einer Risikobewertung.
+ Erkennen und Berücksichtigen von geschlechterabhängigen Dynamiken bei der Risikobewertung.
+ Verstehen und Entwickeln eines Sicherheitsplans zur Unterstützung der Betroffenen.


Risikomanagement beinhaltet verschiedene Strategien und Maßnahmen, um Betroffene von häuslicher Gewalt jeden Alters zu unterstützen und gleichzeitig die Gefahr zu reduzieren, dass der:die Täter:in weitere Gewalttaten begeht. Das Risikomanagement kann die Überweisung an Unterstützungsdienste für von Gewalt Betroffene sowie die Betreuung und im Zuge dessen eine kontinuierliche Risikobewertung beinhalten. Nicht zuletzt ist die Entwicklung eines Sicherheitsplans gemeinsam mit den von häuslicher Gewalt betroffenen Personen nach der Aufdeckung von häuslicher Gewalt ein wesentlicher Bestandteil aller Bemühungen um Risikomanagement.

Risikomanagement umfasst folgendes:1

  • Sofortiges Angehen von akuten Risiken.
  • Sicherheitsplanung (auch für die Kinder der Betroffenen).
  • Gespräche mit betroffenen Personen über verfügbare Optionen und Weitervermittlung an relevante Beratungsstellen.
  • Kontinuierliche Bewertung von vorhandenen Risiken über einen längeren Zeitraum, Überwachung von Verschiebungen von Risiken oder Eskalationen der häuslichen Gewalt.
  • Zusammenarbeit mit anderen Diensten durch Weitergabe relevanter Informationen.

Bitte denken Sie daran: Die Betroffenen von häuslicher Gewalt kommen aus allen sozialen Schichten, sind unterschiedlichen Alters, Geschlechts, können unterschiedlichen Religionen oder Kulturen zugehören und unterschiedliche sexuelle Orientierungen haben. Es ist wichtig zu wissen, dass es KEIN „typisches Opfer“ gibt.

Auch wenn in vielen nachfolgenden Beispielvideos dieses Moduls eine Frau als Betroffene in einer heterosexuellen Beziehung dargestellt wird, lassen Sie sich bitte nicht in die Irre führen. Häusliche Gewalt kann zwischen heterosexuellen und gleichgeschlechtlichen Paaren, Eltern und Kindern, Geschwistern, Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen, Großeltern, Pflegenden oder sogar Mitbewohner:innen auftreten. Betroffen von häuslicher Gewalt kann jede:r sein – Männer, Frauen, nicht-binäre Personen, Kinder oder Menschen mit Behinderungen. Dasselbe gilt für Täter:innen. Weitere Informationen zu Täter:innen finden Sie in Modul 1.


1. Risikofaktoren für häusliche Gewalt

Untertitel aktivieren: Klicken Sie während des Abspielens im Bildschirmbereich unten auf das Untertitel-Symbol (kleines Viereck mit Strichen). Der Untertitel wird direkt eingeblendet. Um die Untertitelsprache zu ändern, klicken Sie auf das Zahnrad daneben und wählen unter „Untertitel“ die gewünschte Sprache aus.
Hier geht es zu einem Erklärvideo.

Es ist wichtig, das Vorhandensein von Risikofaktoren zu ermitteln, die die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation der Gewalt erhöhen und zu einem erneuten Übergriff führen können.3 Zu diesen Faktoren gehören die psychologischen und psychosozialen Profile von Täter:innen und den Gewaltbetroffenen sowie die Dynamik in deren Beziehung.4 Es handelt sich dabei nicht um kausale Faktoren.5 Das Verständnis von Risikofaktoren ist zentral für eine angemessene Reaktion auf die Offenlegung von häuslicher Gewalt.6 Sie sind häufig keine direkten Auslöser häuslicher Gewalt, sondern spielen eine Rolle als begünstigende Faktoren. Dabei ist zu bedenken, dass diese Faktoren auf unterschiedliche, komplexe Weise interagieren können. Dennoch: Obwohl bestimmte Risikofaktoren häufig mit häuslicher Gewalt einhergehen, verursacht keiner von ihnen Gewalt direkt.

Risikofaktoren im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt werden häufig mit Hilfe eines sozialökologischen Modells7 analysiert. Hierbei variieren die Faktoren auf individueller, Beziehungs-, Gemeinschafts- und gesellschaftlicher Ebene. Bestimmte Risikofaktoren werden in allen Studien kontextunabhängig genannt, während andere kontextspezifisch sind, d.h. sie variieren zwischen und innerhalb von Ländern, z. B. in ländlichen und städtischen Gebieten.

Ökosystemisches Modell zur Erklärung von Gewalt:


Mögliche Indikatoren für erhöhtes Risiko:9
· Plötzliche Veränderung im Verhalten des Täters/der Täterin
· Betroffene erzählen Ihnen: „er/sie verursacht bei mir eine Gänsehaut“, „er/sie hat diesen Blick in seinen/ihren Augen“.
· Gewalttätigkeit gegenüber Tieren
· Substanzmissbrauch, z. B. Alkoholismus, Drogen usw.
· Strangulation
· Schwangerschaft
· Trennung und Scheidung
· Die von Gewalt betroffene Person ist in einer neuen Beziehung
· Der Täter/die Täterin hat das Sorgerecht für die Kinder verloren
· Verstoß gegen ein Betretungs- und Annäherungsverbot bzw. eine einstweilige Verfügung

  • Vorhandensein von gemeinsamen Kindern
  • Das enge Familiennetzwerk wird vom Täter/der Täterin genutzt, um Informationen über den Betroffenen zu sammeln, um Druck aufrechtzuerhalten usw.
  • Datenschutzbestimmungen behindern die Einbeziehung weiterer Fachleute
  • Mangelnde Information und problematischer Schutz von den Betroffenen nach Inhaftierung/Verurteilung des Täters/der Täterin

Zwar gibt es mehrere gemeinsame Risikofaktoren für verschiedene Formen häuslicher Gewalt, doch können auch spezifische Risikofaktoren für bestimmte Situationen/Gruppen bestehen.

Spezifische Risikofaktoren: Gewalt nach der Trennung

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass mit dem Ende einer Beziehung auch die Gewalt und die Konflikte enden; in vielen Fällen ist das Gegenteil der Fall. Anstatt abzunehmen, kann die Gewalt nach einer Trennung eskalieren und intensiver werden. Studien zeigen, dass viele Betroffene von häuslicher Gewalt auch nach der Trennung weiterhin wiederholter Gewalt ausgesetzt sind11 und internationale Untersuchungen auf der Grundlage von Kriminalitätsstatistiken berichten von einer Rückfallquote von 15-60 Prozent.12,13

Der Begriff „Gewalt nach Trennung“ beschreibt ein dauerhaftes Muster von Einschüchterungstaktiken gegenüber einer ehemaligen Partnerin/einem ehemaligen Partner. Im Wesentlichen geht es um die Aufrechterhaltung und Verstärkung des in der Beziehung bereits bestehenden Machtungleichgewichts.14 Die meisten Forschungsarbeiten über Gewalt nach einer Trennung haben sich bisher auf Gewalt von Vätern gegen Mütter konzentriert15, aber Gewalt nach einer Trennung können alle erfahren.

Gewalt nach einer Trennung kann viele Formen annehmen. Die wichtigsten sind:

  • Ausnutzen des Rechtssystems, d.h. der Täter/die Täterin nutzt seine/ihre gesetzlichen Rechte, um weiterhin Gewalt in verschiedenen Formen auszuüben. Dazu kann z. B. die Einleitung eines Gerichtsverfahrens gegen die betroffene Person gehören, um sie/ihn zu kontrollieren oder einzuschüchtern. Eine weitere Strategie ist die Durchsetzung des Sorgerechts/Besuchsrechts für das Kind mit der Absicht, während oder nach der Trennung Dominanz und Kontrolle über die Mutter auszuüben.16,17
  • Finanzielle Gewalt als Mittel der Kontrolle innerhalb des Rechtssystems.18 Der Täter/die Täterin kann versuchen, die Unterhaltsregelungen für das Kind zu ändern, das alleinige Sorgerecht anstreben (um sich den finanziellen Verpflichtungen zu entziehen), Gerichtsverfahren in die Länge ziehen (um überhöhte Zahlungen auszuhandeln) oder sich weigern, seinen/ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.19 Diejenigen, die zu dieser Art von Gewalt greifen, können über ihre finanzielle Situation täuschen, Vermögen verstecken oder die Beschäftigung wechseln, um eine Aufteilung der Ressourcen zu vermeiden.20 Die Verlängerung von Gerichtsverfahren kann für die davon betroffenen Personen auch eine finanzielle Belastung darstellen, denn je länger das Verfahren dauert, desto höher sind die Kosten für sie.
  • Machtausübung über die Kinder: Untersuchungen haben gezeigt, dass in Beziehungen mit häuslicher Gewalt häufig Kinder leben.21 Dies bedeutet, dass viele Kinder in einer Dynamik leben, in der es zu Gewalt zwischen den Eltern gekommen ist und in der die Gewalt nach der Trennung weitergeht. Dadurch kann der Täter/die Täterin Macht und Kontrolle über die Kinder ausüben. Kinder können benutzt werden, um die andere Person zu kontrollieren oder zu manipulieren. Dies kann zu einer Vielzahl negativer Folgen für die körperliche und geistige Gesundheit und Lebensqualität des Kindes führen.22
  • Diffamierung des Charakters: Es ist nicht ungewöhnlich, dass Gewaltbetroffene nach der primären Viktimisierung in verschiedenen sozialen Prozessen weiter viktimisiert werden (sekundäre Viktimisierung).23,24 Forschung zeigt, dass sekundäre Viktimisierung auftritt, wenn Betroffene erwarten, man glaube ihnen, sie würden Bestätigung und Schutz erleben, stattdessen jedoch Schuldzuweisungen, Ignoranz oder Herunterspielen ihrer Aussagen erfahren.25
  • Anhaltende Belästigung oder Stalking/beharrliche Verfolgung: Darunter fallen Drohungen, Belästigung, Einschüchterung, Kontrolle, Eindringen in den Privatbereich, Einsperren und Omnipräsenz, d. h. die ständige Anwesenheit des Täters/der Täterin, die auch noch lange nach der Trennung andauern kann.26
  • Traumatisierung und soziale Isolation: Bei Gewaltopfern bleibt eine Traumasymptomatik oft viele Jahre nach der Trennung vom Täter bestehen.27 Ein hoher Anteil dieser Personen entwickelt eine posttraumatische Belastungsstörung (PTSD).28 Es ist wichtig zu betonen, dass verschiedene Arten von Gewalt, auch scheinbar schwächere, zu einer Traumatisierung führen können, nicht nur schwere körperliche oder sexuelle Gewalt.29 In vielen Fällen können diese Symptome als andere Arten von psychiatrischen und somatischen Gesundheitsproblemen interpretiert werden, was eine angemessene Betreuung und Behandlung behindern kann.30 Darüber hinaus können Menschen, die wiederholten und lang anhaltenden traumatischen Ereignissen ausgesetzt waren, komplexere Symptome entwickeln, wie z. B. eine gestörte Affektregulation, Dissoziation und Probleme im Zusammenhang mit Aufmerksamkeit oder Gedächtnis.31 Wenn von häuslicher Gewalt betroffene Personen im Rahmen von Befragungen mit Beschuldigungen und Verdächtigungen konfrontiert werden, besteht die Gefahr, dass sich die Traumatisierung und negative Folgen des Traumas verstärken.32

Die Reaktion der Umgebung auf Gewalt nach der Trennung33 hat entscheidende Auswirkungen auf die Betroffenen von häuslicher Gewalt, da das Leben nach der Trennung von einem gewalttätigen Partner/einer Partnerin durch viele Hürden gekennzeichnet sein kann. Es ist wichtig, mehr über die Anzeichen, Muster und Auswirkungen von Gewalt nach einer Trennung zu verstehen, insbesondere in Bezug auf die psychische und physische Gesundheit sowie die Lebensqualität der Betroffenen.

Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Gesellschaft Gewalt nach einer Trennung ernst nimmt und den Betroffenen Unterstützung bietet. Dazu gehört der Zugang zu Unterkünften, Beratung, Rechtsbeistand und anderen Ressourcen, die helfen können, die Unabhängigkeit und Sicherheit der betroffenen Personen wiederzuerlangen.

Spezifische Risikofaktoren: Häusliche Gewalt gegen ältere Menschen34
Ist hier kein Video zu sehen, bitte einen anderen Browser verwenden oder hier klicken: https://www.youtube.com/watch?v=TcBKochvr-k.

Das Video macht deutlich, dass eine Demenzerkrankung ein Risikofaktor für das Auftreten von häuslicher Gewalt ist.

Individuelle Risikofaktoren:

  • Überforderung durch die Pflegeaufgaben aufgrund einer fehlenden oder unzureichenden Vorbereitung oder Ausbildung der pflegenden Person
  • Unzureichende Stressbewältigung der pflegenden Person
  • Hohe finanzielle und emotionale Abhängigkeit des hilfsbedürftigen älteren Menschen
  • Frühere Familienkonflikte
  • Unfähigkeit, positive prosoziale Beziehungen aufzubauen oder aufrechtzuerhalten
  • Mangel an sozialer Unterstützung
  • Mangel an eigenen finanziellen Ressourcen
  • Demenz der zu pflegenden Person
Spezifische Risikofaktoren für erneute Gewalt35
  • Auf individueller Ebene gibt es Hinweise auf einen signifikanten negativen Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status der von häuslicher Gewalt betroffenen Person und dem erneuten Auftreten von Gewalt.
  • Auf der zwischenmenschlichen Ebene war die Dauer des Zusammenlebens ein besserer Prädiktor für die erneute Gewalt als der Familienstand. Die Vorgeschichte einer körperlichen Misshandlung in der Beziehung war ein wichtiger Prädiktor für erneute Misshandlung.
  • Fachkräfte sollten für eine Gewaltprognose die Gewaltvorgeschichte in der Beziehung berücksichtigen und sich nicht nur auf die Schwere der Gewalt fokussieren.

2. Risikobewertung

Die genaueste Einschätzung des vorhandenen Risikos kommt von den Betroffenen selbst. Daher beginnen das Verstehen und die Bewertung des Risikos mit dem Zuhören. Dadurch können Fachkräfte Hinweise erkennen und Fragen zu Anzeichen von Gewalt stellen. Durch diese Risikobewertung kann festgestellt werden, ob ein niedriges oder hohes Risiko vorhanden ist.37

Wenn betroffene Personen annehmen, dass eine Gefahr besteht, sollte dies ernst genommen werden. Psychische Gewalt ist ein wichtiger Aspekt missbräuchlicher Beziehungen und sollte in beiden Kontexten betrachtet werden: als möglicher Vorläufer künftiger körperlicher Gewalt und als Teil des Spektrums von Verhaltensweisen, die häusliche Gewalt ausmachen.

Weitere Informationen über die Zuständigkeiten im Zusammenhang mit der Risikobewertung und der Sicherheitsplanung bei den verschiedenen Instanzen (wie Polizei, Gesundheitspersonal, Sozialarbeiter:innen und NGOs) finden Sie in den Länderberichten und dem länderübergreifenden Vergleich über die von den Einsatzkräften verwendeten Instrumente zur Risikobewertung und Falldokumentation aus dem Projekt IMPRODOVA.

Definition: Risikobewertung38

Bei der Risikobewertung handelt es sich um eine aktuelle Beurteilung des vorhandenen Risikos. Das Risiko ist dynamisch und kann sich im Laufe der Zeit ändern. Dies bedeutet, dass es regelmäßig neu bewertet werden muss und alle Veränderungen in das Risikomanagement einfließen müssen. Die Bewertung muss die Höhe des Risikos sowie geeignete Maßnahmen und Ansätze für das Risikomanagement umfassen.

Bei der Risikobewertung müssen Betroffene ihre Geschichte mitteilen können. Es ist wichtig, dass Sie achtungsvoll mit dem Gehörten umgehen, indem Sie dem oder der Betroffenen Glauben schenken über:

  • Gewalterfahrungen
  • Auswirkungen der Gewalt auf die Kinder in der Familie (d. h. Informationen über das Risiko für die Kinder. Das kann auch durch ein Gespräch mit den Kindern ergänzt werden).
  • Mögliche vorhandene Einstellungen und Verhaltensweisen des Täters/der Täterin.

Risikobewertung bedeutet, ein professionelles Urteil über die vorhandenen Risikofaktoren in Verbindung mit der Risikobewertung  abzugeben. So kann die Wahrscheinlichkeit künftiger Gewalt und das Potenzial für schwere/tödliche Verletzungen durch künftige Gewalt eingeschätzt werden.39

Weitere Informationen zur Risikobewertung finden Sie in Modul 7.

Der stärkste Indikator für zukünftige Risiken/Gewalt ist das aktuelle und frühere Verhalten des Täters/der Täterin. Oft erkennen die von Gewalt betroffenen Personen, dass ihnen eine unmittelbare Gefahr droht, und haben Hemmungen nach Hause zurückzukehren. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Bedenken hinsichtlich ihrer Sicherheit ernst zu nehmen. Andere  benötigen möglicherweise Unterstützung bei der Einschätzung ihres unmittelbaren Risikos. Mit spezifischen Fragen kann festgestellt werden, ob eine konkrete und unmittelbare Gefahr besteht.40

In diesem Fall können Sie Ihre Sorge um die Sicherheit zum Ausdruck bringen und ein Gespräch über Schutzmaßnahmen führen. Sie könnten sagen: „Ich mache mir Sorgen um Ihre Sicherheit. Lassen Sie uns besprechen, was zu tun ist, damit Sie nicht in Gefahr sind.41

Aufgabe zur Reflexion

(1) Wie wird im Video ein Hochrisikofall definiert?
(2) Welche Hinweise auf Risikofaktoren werden im Video genannt?


Manche Menschen befürchten, dass die Frage nach einer Selbstmordgefährdung Betroffene von häuslicher Gewalt dazu verleiten könnte, Suizid zu begehen. Im Gegenteil, das offene Gespräch über Selbstmord reduziert oft die Angst vor Selbstmordgedanken und hilft den Betroffenen, sich verstanden zu fühlen. Die Ergebnisse einer Studie zeigen außerdem einen klaren Zusammenhang zwischen häuslicher Gewalt und einem erhöhten Risiko von Selbstverletzungen. Während des Untersuchungszeitraums griff fast ein Viertel der Betroffenen von häuslicher Gewalt zu selbstverletzendem Verhalten.42

Darüber hinaus ist es wichtig, die unmittelbare Gefahr von Selbstmord und Selbstverletzungen zu dokumentieren, um eine wirksame Kommunikation unter Fachkräften zu erleichtern.

In Fällen einer unmittelbaren Gefahr der Selbstverletzung oder des Selbstmordes, darf die betroffene Person auf keinen Fall allein gelassen werden, insbesondere wenn…

  • … akute Selbstmordgedanken oder -pläne vorhanden sind oder die Person sich selbst verletzen will.
  • … im letzten Monat Selbstverletzungsgedanken oder -pläne aufgetreten sind oder im letzten Jahr Selbstverletzungen begangen wurden und die betroffene Person extrem unruhig, gewalttätig, verzweifelt oder unkommunikativ erscheint.

In diesen Fällen sollte die betroffene Person sofort in ein psychiatrisches Krankenhaus überwiesen werden. Rufen Sie für die Verlegung einen Krankenwagen.


3. Geschlechteraspekte bei der Risikobewertung43

In den meisten Risikobewertungen werden Geschlechteraspekte nicht ausdrücklich berücksichtigt. Häufig enthalten diese Checklisten keine Fragen zum Geschlecht. Wenn Fachkräfte geschlechtsspezifische Vorurteile haben, können Männer als Betroffene von häuslicher Gewalt übersehen werden.

Annahmen über das eigene und das andere Geschlecht sind auch für bestimmte Aspekte der Risikobewertung von Bedeutung. Beispielsweise kann die Wahrnehmung einer weiblichen Fachkraft durch ihr Geschlecht und ihre Einstellungen und Erwartungen beeinflusst werden. Das kann sich auch darauf auswirken, welche Aspekte sie für die Risikobewertung für wichtig erachtet (z. B. wer den konkreten Vorfall begonnen hat) und wie sie die von Gewalt betroffene Person wahrnimmt (welche Anhaltspunkte für sie am wichtigsten sind, z. B. das äußere Erscheinungsbild). Das beeinflusst auch, wie Betroffene (männlich oder weiblich) und anderen Ersthelfenden wahrgenommen werden. Beispielsweise könnte eine weibliche Fachkraft von einer gewaltbetroffenen Frau als weniger bedrohlich und deshalb als angenehmere Gesprächspartnerin empfunden werden.

Darüber hinaus kann es zu einer voreingenommenen Kommunikation kommen, wenn Einsatzkräfte Frauen als das „schwache Geschlecht“ wahrnehmen. Dann besteht die Gefahr, dass die Frau erneut viktimisiert wird, indem beispielsweise abwertende Worte verwendet werden und sie nicht als eigenständige Person betrachtet wird. Fühlt sie sich nicht ernst genommen, führt das möglicherweise dazu, dass sie nicht alle für die Risikobewertung relevanten Informationen mitteilt. Denkbar ist auch, dass eine Fachkraft die Beschwerden männlicher Gewaltbetroffener nicht ernst nimmt und den Vorfall herunterspielt, weil sie sich nicht vorstellen kann, dass auch Männer von häuslicher Gewalt betroffen sein können.

Ein weiteres Szenario wäre, dass die Fachkraft einen (heterosexuellen) männlichen Betroffenen von häuslicher Gewalt nicht fragt, ob er finanziell von seiner Partnerin abhängig ist. Die Annahme, dass Männer die Ernährer sind und mehr Geld verdienen als Frauen, kann die Sicht auf die finanzielle Abhängigkeit eines Mannes verstellen. Das beeinflusst die Risikobewertung des betroffenen Mannes negativ.

Daher ist es für Fachkräfte unerlässlich, geschlechtsspezifische Ungleichheit in die Instrumente zur Risikobewertung einzubeziehen und gleichzeitig eigene Stereotype zu hinterfragen. Sie müssen die gesetzlichen und ethischen Anforderungen in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter kennen und ihr Verhalten und ihr Urteilsvermögen reflektieren. Selbst wenn Geschlechtsaspekte in Leitfäden vorhanden sind, muss das Fachpersonal darin geschult werden, dies bei der Beurteilung zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass die Fragen entsprechend gestellt und interpretiert werden. Mehr Informationen dazu finden Sie in Modul 8.


4. Sicherheitsplanung

Für die Erstellung eines Sicherheitsplans gibt es verschiedene Möglichkeiten, die auf die jeweiligen Umstände zugeschnitten sind. Der Sicherheitsplan muss auf unmittelbare Sicherheitsbedenken eingehen und an veränderte Umstände angepasst werden können. Betroffene von Gewalt kann zwar das missbräuchliche Verhalten des Partners/der Partnerin nicht kontrollieren, aber Maßnahmen ergreifen, um sich und ihre/seine Kinder zu schützen. Ein Sicherheitsplan ist eine personalisierte und praktische Strategie, die spezifische Maßnahmen für Betroffene aufzeigt, um ihren Schutz zu verbessern und das Verletzungsrisiko zu verringern.

Viele betroffene Personen machen sich Sorgen um ihre Sicherheit, aber manche sind der Meinung, sie würden keinen Sicherheitsplan brauchen, da es nicht mehr zu Gewalt kommen werde (siehe hierzu: Modul 1 – Gewaltspirale). Es ist daher wichtig zu erklären, dass häusliche Gewalt normalerweise nicht von allein aufhört. Sie kann schlimmer und häufiger werden.44

Wenn Sie mit einer betroffenen Person einen Sicherheitsplan erstellen, hören Sie zunächst zu und fragen Sie nach, was genau passiert ist. Finden Sie heraus, was die betroffene Person bereits tut, um ihre Sicherheit zu verbessern. Helfen Sie ihr darüber nachzudenken, wie die eigene Sicherheit noch erhöht werden könnte.45

Die Beurteilung und Planung der Sicherheit ist ein fortlaufender Prozess – es handelt sich nicht um ein einmaliges Gespräch. Sie können Betroffenen helfen, indem Sie ihre besonderen Bedürfnisse und die jeweilige Situation besprechen. Fragen Sie bei jedem Treffen erneut nach der aktuellen Situation. Besprechen Sie, ob es für die Betroffenen sicher ist, nach Hause zurückzukehren.

Alle besprochenen Pläne sollten dokumentiert werden. Wenn möglich, sollten Kopien an die von Gewalt betroffenen Personen ausgehändigt und sie gleichzeitig gewarnt werden, dass das Auffinden des Dokuments durch den Täter/die Täterin zu einer Gewalteskalation führen kann.


5. Kommunikation von Sicherheitsmaßnahmen und Risikobewertung

Für eine erste Risikobewertung sollten Sie mit Betroffenen in einem privaten Rahmen sprechen und die unmittelbaren Bedenken einschätzen. Weitere Informationen über die Kommunikation mit Betroffenen finden Sie in Modul 3.

Fragen zur Einschätzung des unmittelbaren Risikos für das Auftreten von erneuter Gewalt46,47

  • „Ist es für Sie sicher, nach Hause zu gehen?“
  • „Haben Sie Angst, dass etwas passieren könnte?“
  • „Womit hat der Täter/die Täterin gedroht?“
  • „Wie sieht es mit Drohungen gegenüber den Kindern aus?“
  • „Ist körperliche Gewalt in den letzten 6 Monaten häufiger geworden oder hat sie sich verschlimmert?“
  • „Hat er/sie eine Waffe und hat er/sie jemals eine Waffe benutzt oder Sie oder andere Familienmitglieder mit einer Waffe bedroht?“
  • „Hat er/sie jemals versucht Sie zu erwürgen?“
  • „Glauben Sie, dass er/sie Sie umbringen würde?“
  • „Hat er/sie Sie schon einmal geschlagen, als Sie schwanger waren?“
  • „Ist er/sie gewalttätig und ständig eifersüchtig auf Sie?“
  • „Hat der Täter/die Täterin mit Selbstmord gedroht? (Risiko für Femizid!)“

Beantworten die von häuslicher Gewalt betroffenen Personen mindestens 3 der Fragen mit „ja“, kann das darauf hindeuten, dass das unmittelbare Risiko von Gewalt besonders hoch ist.


Erstellen eines Sicherheitsplans48

Auch gewaltbetroffene Personen, die nicht unmittelbar lebensbedrohlich gefährdet sind, können von einem Sicherheitsplan profitieren. Die folgende Tabelle beinhaltet Teile eines Sicherheitsplans mit dazugehörigen Fragen, die betroffenen Personen bei der Erstellung eines Plans helfen.

Sicherer Ort zum Hingehen„Wenn Sie Ihr Haus schnell verlassen müssten, wohin könnten Sie gehen?“
Planung für Kinder„Würden Sie allein gehen oder Ihre Kinder mitnehmen?“
Wie zu einem sicheren Ort kommen„Wie werden Sie dorthin kommen?“
Mitzunehmende Gegenstände„Müssen Sie irgendwelche Dokumente, Schlüssel, Geld, Kleidung oder andere Dinge mitnehmen, wenn Sie weggehen? Was ist wichtig?“
Finanzen„Haben Sie Zugang zu Geld, wenn Sie gehen müssen? Wo wird es aufbewahrt? Können Sie im Notfall darauf zugreifen?“
Unterstützung durch eine nahestehende Person„Gibt es eine Person des Vertrauens (Nachbar:in, Freund:in etc.), der Sie von der Gewalt erzählen können, die die Polizei rufen oder Ihnen helfen kann, wenn sie Geräusche aus Ihrer Wohnung hört, die auf Gewalt hindeuten?“

Bleiben Sie realistisch: Sie können helfen, indem Sie über Bedürfnisse der betroffenen Person sprechen und über weitere Hilfsangebote aufklären. Meistens braucht es mehrere Treffen, um alle Anliegen zu besprechen. Bieten Sie weitere Treffen an, überlassen Sie die Entscheidung aber der betroffenen Person.

Erwarten Sie keine sofortige Entscheidung. Es mag frustrierend erscheinen, wenn die betroffene Person nicht sofort weitere Schritte unternimmt, um die Situation zu ändern. Lassen Sie den Betroffenen Freiraum und Zeit. Respektieren Sie stets die Wünsche und Entscheidungen der betroffenen Person.


Thematisieren Sie, wie die Sicherheit zu Hause erhöht werden kann49

Oft eskalieren Gespräche zwischen betroffene Person und dem Täter/der Täterin. Wenn sich eine Eskalation nur schwer vermeiden lässt, sollten solche Gespräche in einem Raum geführt werden, der bei Bedarf leicht zu verlassen ist. Betonen Sie, wie wichtig es ist, Räume zu meiden, in denen Waffen vorhanden sein könnten.

In Situationen, in denen ein sofortiges Verlassen des Raums die beste Option ist, sollten Sie die betroffene Person ermutigen, die Flucht an einen sicheren Ort zu planen und durchzuführen, bevor es der Täter/die Täterin bemerkt. Dies ist entscheidend, um das Risiko von Gewalt gegen sich selbst und die beteiligten Kinder zu minimieren.


Vermeiden Sie eine weitere Gefährdung der von Gewalt betroffenen Person50

Minimieren Sie das Risiko für die Sicherheit der von Gewalt betroffenen Person, indem Sie das Thema Gewalt nur im privaten Rahmen ansprechen und sicherstellen, dass niemand das Gespräch mithören kann. Sprechen Sie nicht über sensible Themen, wenn der Partner/die Partnerin, Familienmitglieder oder andere Begleitpersonen in Hörweite sind. Schaffen Sie Gelegenheiten für private Gespräche, indem Sie beispielsweise jemanden auf eine Besorgung schicken oder eine Aufgabe zuweisen. Wenn Kinder anwesend sind, sorgen Sie dafür, dass ein:e Kolleg:in sie während Ihres Gesprächs beaufsichtigt. Weitere Informationen hierzu finden Sie in Modul 3.

Wahren Sie die Vertraulichkeit der Akten, indem Sie diese sicher und vor der Öffentlichkeit geschützt aufbewahren. Besprechen Sie, wie die betroffene Person ihren/seinen Aufenthaltsort mitteilen wird und legen Sie gegebenenfalls einen Plan für die Unterlagen fest, die sie/er mitnehmen muss.

Dieses Video zeigt das Risikomanagement einschließlich der Sicherheitsplanung. Es zeigt, wie man eine von häuslicher Gewalt betroffene Person in die Risikomanagementplanung einbezieht.
Untertitel aktivieren: Klicken Sie während des Abspielens im Bildschirmbereich unten auf das Untertitel-Symbol (kleines Viereck mit Strichen). Der Untertitel wird direkt eingeblendet. Um die Untertitelsprache zu ändern, klicken Sie auf das Zahnrad daneben und wählen unter „Untertitel“ die gewünschte Sprache aus.
Hier geht es zu einem Erklärvideo.

Aufgaben zur Reflexion

(1) Nennen Sie die wichtigsten Risikomanagementstrategien und Sicherheitsplanungstechniken, die in dem Video vorgestellt werden.
(2) Überlegen Sie, inwiefern das Video die zentrale Rolle der von Gewalt betroffenen Person im Planungsprozess des Risikomanagements hervorhebt.
(3) Identifizieren Sie mögliche Herausforderungen oder Hindernisse für ein effektives Risikomanagement und eine effektive Sicherheitsplanung.

Achten Sie auf sich!51

Machen Sie sich bewusst, dass Ihre Bedürfnisse genauso wichtig sind wie die der Person, die Sie unterstützen. Wenn Sie mit häuslicher Gewalt konfrontiert werden, kann dies starke Reaktionen oder Emotionen hervorrufen, insbesondere wenn Sie selbst Gewalt erleben oder erlebt haben. Erkennen Sie Ihre Emotionen an und lernen Sie, diese zu verstehen. Holen Sie sich die notwendige Hilfe und Unterstützung, um Ihr emotionales Wohlbefinden zu gewährleisten.


6. Aspekte eines optimalen Verfahrens zur Risikobewertung

Ein optimales Verfahren zur Risikobewertung wäre ein Werkzeug, das Praktiker:innen an vorderster Front hilft, Fälle mit hohem Risiko zu identifizieren und damit die Möglichkeit bietet, betroffene Personen an entsprechende Hilfsdienste zu verweisen. Ein Risikobewertungsinstrument sollte auch dafür sensibilisieren, dass bestimmte Verhaltensweisen Missbrauch darstellen und Missbrauch falsch ist.

Die Einschätzung des Risikos häuslicher Gewalt ist eine wichtige Aufgabe der Ersthelfer:innen, da die betroffenen Personen vor weiteren extremen Gewalttaten oder tödlichen erneuten Straftaten bewahrt werden müssen. Es gibt mehrere Instrumente zur Einschätzung des Risikos häuslicher Gewalt. Alle diese Instrumente bauen auf empirisch abgeleiteten Risikofaktoren der Re-Viktimisierung auf und bieten systematische Checklisten mit Items, die mit diesen Risikofaktoren zusammenhängen. Das Risiko wird berechnet, indem diese Punkte zusammengefasst werden.

Für die Anwendung einer Risikobeurteilung ist es wichtig, einen Überblick über alle Aspekte der Situation zu haben. Dazu gehören sowohl Informationen über den/die Täter:in als auch über die betroffene Person und die Vorgeschichte der Gewalt. Daher ist eine multidisziplinäre und behördenübergreifende Risikobewertung ein wichtiger Aspekt einer „Best-Practice“-Risikobewertung. Es ist wichtig, die Angst der betroffenen Person ernst zu nehmen, denn sie ist ein Indikator für ein erhöhtes Risiko.

Unabhängig davon, wie gut ein Risikobewertungsinstrument auch sein mag – seine Wirksamkeit wird davon abhängen, wie es eingesetzt wird und wie gut es mit Risikomanagementprozessen verknüpft ist. Es ist wichtig, ein kritisches Auge auf das Potenzial von Risikobewertungsinstrumenten zu werfen, die als Mittel zur Reduzierung von Ressourcen und Kosten eingesetzt werden können.

Die international am häufigsten eingesetzten Instrumente werden hier nochmals kurz vorgestellt:

Instrument zur Gefahreneinschätzung (DA)

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein Instrument, mit dessen Hilfe der Grad der Gefahr bestimmt werden kann, dass eine missbrauchte Frau von ihrem Partner getötet wird.

Das Instrument besteht aus zwei Teilen: einem Kalender und einem 20-Punkte-Bewertungsinstrument. Der Kalender hilft bei der zeitlichen Beurteilung der Schwere und Häufigkeit der Misshandlungen im vergangenen Jahr. Der Kalenderteil wurde als eine Möglichkeit konzipiert, das Bewusstsein der Frau zu schärfen und das Leugnen und Minimieren des Missbrauchs zu verringern, zumal die Verwendung eines Kalenders das genaue Erinnerungsvermögen in anderen Situationen erhöht.52,53

Das Instrument, bestehend aus 20 Positionen, verwendet ein gewichtetes System zur Bewertung von Ja/Nein-Reaktionen auf Risikofaktoren im Zusammenhang mit Tötungsdelikten an Intimpartnern. Zu den Risikofaktoren gehören Todesdrohungen in der Vergangenheit, der Beschäftigungsstatus des Partners und der Zugang des Partners zu einer Waffe. Das Instrument ist derzeit auf Englisch, Spanisch, Französisch (Kanada) und brasilianischem Portugiesisch verfügbar: https://www.dangerassessment.org/DATools.aspx.

Eine kurze Version mit vier Punkten, die so genannte Lethalitätsbewertung, wurde für Strafverfolgungsbeamt:innen entwickelt, die auf Anrufe zu häuslicher Gewalt reagieren. Frauen mit hohem Risiko werden dann an Rechtsanwält:innen verwiesen, die in der Gefährdungsbeurteilung geschult wurden. Klicken Sie hier, um mehr über diese Lethalitätsbewertung zu erfahren: https://www.dangerassessment.org/About.aspx.

Leitfaden zur Risikobewertung bei häuslicher Gewalt (Häusliche Gewalt RAG)

Der Leitfaden zur Risikobewertung bei häuslicher Gewalt (Häusliche GewaltRAG) enthält die gleichen Punkte wie die Risikobewertung bei häuslicher Gewalt in Ontario (Ontario Domestic Assault Risk Assessment, ODARA), berücksichtigt aber auch die Ergebnisse der überarbeiteten Psychopathie-Checkliste (PCL-R). Der DVRAG ist ein versicherungsmathematisches Instrument mit 14 Positionen, mit dem die Wahrscheinlichkeit von intimer Partnergewalt, die von Männern gegen eine weibliche Partnerin verübt wird, bewertet wird.54 Diese Instrumente können auch die Geschwindigkeit und Anzahl erneuter Übergriffe und die Schwere der verursachten Verletzungen vorhersagen. Zu den allgemeinen Bewertungskriterien gehören die Anweisungen zur Bewertung und Interpretation der ODARA in jedem Umfeld. Die DVRAG ist für Gerichtsmediziner:innen und Strafverfolgungsbeamt:innen bestimmt, die Zugang zu vertiefenden Informationen haben.

https://www.rma.scot/wp-content/uploads/2019/09/RATED_DVRAG_August-2019_Hyperlink-Version.pdf

https://vawnet.org/material/ontario-domestic-assault-risk-assessment-odara-domestic-violence-risk-appraisal-guide

DASH-Risikobewertung

DASH steht für häusliche Gewalt, Stalking und „Ehre“-basierte Gewalt. Das Risikobewertungsinstrument war das Ergebnis der Dokumentation von 47 häuslichen Tötungsdelikten und der Katalogisierung der wichtigsten Risikovariablen zur Entwicklung des CAADA – DASH-Risikomodells. Zweck der DASH-Risiko-Checkliste ist es, Praktiker:innen, die mit erwachsenen Opfern von häuslicher Gewalt arbeiten, ein konsistentes und einfaches Instrument an die Hand zu geben, um ihnen zu helfen, diejenigen zu identifizieren, die ein hohes Schadensrisiko haben und deren Fälle an eine MARAC-Sitzung verwiesen werden sollten, um ihr Risiko zu managen.

Ein MARAC (oder behördenübergreifende Risikobewertungskonferenz) ist ein regelmäßiges Treffen vor Ort, bei dem erörtert wird, wie betroffene Personen mit hohem Risiko eines Mordes oder schweren Schadens geholfen werden kann. Ein:e Spezialist:in für häusliche Gewalt, die Polizei, Sozialdienste für Kinder, das Gesundheitswesen und andere relevante Stellen sitzen alle an einem Tisch. Sie sprechen über die betroffene Person, die Familie und den oder die Täter:in und tauschen Informationen aus. Die Sitzung ist vertraulich. Gemeinsam wird ein Aktionsplan für jede betroffene Person verfasst. Ein MARAC führt zu den besten Resultaten, wenn alle Beteiligten ihre Rollen und die richtigen Prozesse verstehen.

Ressourcen für MARAC-Sitzungen:

https://safelives.org.uk/practice-support/resources-marac-meetings

Die DASH Checkliste wird von einer Reihe von Stellen in Schottland verwendet, darunter auch von der Polizei. Sie ist jedoch nicht überall in Schottland eingeführt worden.

Weitere Ressourcen zur Identifizierung der Risiken, denen betroffene Personen ausgesetzt sind:

https://safelives.org.uk/practice-support/resources-identifying-risk-victims-face

BIG 26

Das Domestic Abuse Intervention Program (DAIP) in Duluth, Minnesota, USA, hat 26 Fragen entwickelt, um die Gefährlichkeit eines Täters einzuschätzen. Das Modell von Duluth betont die Bedeutung einer behördenübergreifenden Zusammenarbeit und einer koordinierten Reaktion der Gemeinschaft auf Misshandlungen, der Sicherheit der betroffenen Person und der Rechenschaftspflicht des Täters. Für weitere Einzelheiten siehe: https://www.theduluthmodel.org/.

DyRiAS-Intimpartner

DyRiAS steht für Dynamisches Risiko Analyse System. Seit Januar 2012 ist DyRiAS-Intimpartner in Deutschland, Österreich und der Schweiz in Wirkbetrieb. Das Instrument misst dabei zum einen das Risiko für Taten von schwerer Gewalt gegen die Intimpartnerin. In einer eigenen Skala wird zusätzlich das Risiko für leichte bis mittlere körperliche Gewalt erfasst. DyRiAS-Intimpartner erfasst ausschließlich Gewalt in heterosexuellen Beziehungen, ausgehend vom männlichen (ehemaligen) Partner. Dabei ist die Dauer der aktuellen oder früheren Beziehung unwesentlich und kann von einer kurzen bis hin zu einer langjährigen Beziehung reichen. Insgesamt umfasst DyRiAS-Intimpartner 39 Items.

Weitere Informationen zu DyRiAS-Intimpartner erhalten Sie hier.

Quelle: Polizei Berlin


Fallstudie: Häusliche Gewalt nimmt im Laufe der Zeit an Schwere zu

Frühjahr 2016

Familie F. lebt mit zwei kleinen Kindern seit kurzer Zeit in der eigenen Wohnung, als Herr F. arbeitslos wird. Frau F. baut ihre Bürotätigkeiten, die sie von zuhause aus als Selbständige erledigt, erfolgreich weiter aus und kann so gewährleisten, dass der Kredit auf das Haus weiter abbezahlt werden kann. Sie nimmt wahr, wie sehr ihr Mann unter der Situation leidet und unterstützt ihn, wo sie kann.

August 2016

Die Situation zwischen dem Ehepaar F. ist inzwischen sehr angespannt. Seit die Kinder tagsüber in der Kita sind, entlädt Herr F. in dieser Zeit ungehemmt seine Enttäuschung und Wut über Bewerbungsabsagen und finanzielle Engpässe an ihr, kritisiert und demütigt sie.

Frau F. leidet so stark unter den Vorwürfen, dass sie eine Eheberatung vorschlägt. Sie hat große Hoffnung, dass sich alles noch bessern kann. Sie erkennt ihren Mann nicht wieder, glaubt aber fest daran, dass er wieder ganz der Alte wird, wenn er nur erst Arbeit findet.

Herr F. reagiert für Frau F. unerwartet heftig auf den Vorschlag, sich Hilfe zu holen und schlägt seine Frau unmittelbar ins Gesicht. Frau F. ist verzweifelt, hält dies aber für einen einmaligen Ausrutscher.

Oktober 2016

Ohrfeigen, Schütteln und Stöße gehören inzwischen zur wöchentlichen Normalität. Frau F. verteidigt das Verhalten ihres Mannes vor sich selbst, verheimlicht es vor anderen und hofft auf Besserung durch eine neue Anstellung ihres Mannes.

August 2017

Die Situation hatte sich mit den Kindern zuhause in den Sommerferien ein kleines bisschen entspannt. Frau F. schöpft Hoffnung, denn ihr Mann beginnt nun auch eine Tätigkeit in Teilzeit.

September 2017

Frau F. kann tagsüber aufatmen, da ihr Mann aus dem Haus ist. Nachmittags und abends verbringt sie jede Minute mit den Kindern und schläft nachts größtenteils bei ihnen – halb selbst davon überzeugt, die Kinder hätten Einschlaf- und Durchschlafprobleme und wenigstens ihr Mann müsse durchschlafen.

Dezember 2017

Herr F. ist erneut erwerbslos und setzt von einem Tag auf den nächsten das alte Muster der Vorwürfe, Demütigungen und Körperverletzungen gegenüber seiner Frau fort.

Durch ein Plakat in der Kita wird Frau F. darauf aufmerksam, dass es eine Hotline gibt, die Frauen berät, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind. Die Anzeige kommt ihr vertraut vor, sie muss wohl unzählige Male schon daran vorbeigegangen sein. Aber erstmalig bringt sie sie mit sich selbst in Verbindung. Sie hält aber ihre Situation nicht für gravierend genug, um Hilfe für sich zu beanspruchen.

Februar 2018

Die Vorfälle häuslicher Gewalt erfolgen in immer kürzeren Intervallen und es fällt Frau F. zunehmend schwerer, ihren fahrigen und verzweifelten Zustand, ihre zerrüttete Beziehung sowie ihre zahlreichen Verletzungen vor ihrer Familie, ihrem Freundeskreis und dem sozialen Umfeld ihrer Kinder zu erklären beziehungsweise zu verbergen. Sie zieht sich immer mehr zurück.

September 2019

Familie F.  ist inzwischen nahezu vollständig isoliert: Ihr soziales Umfeld hat zunächst immer verständnisloser über die vielen Absagen reagiert, zunehmend enttäuscht und gereizt, da es auch zu Streitigkeiten kam. Schließlich aber zog sich ihr Umfeld resigniert zurück. Viele führen die Situation auf die merklich angespannte finanzielle Situation der Familie zurück und gehen davon aus, dass sich irgendwann alles wieder findet, wenn diese schwierige Phase vorbei ist.

Nach einem besonders heftigen Vorfall körperlicher Übergriffe abends im Schlafzimmer, von dem Frau F. vermutet, dass auch die Kinder etwas gehört haben könnten, ruft Frau F. das bundesweite Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen an. Es tut ihr gut, dass jemand ihr verständnisvoll zuhört.

Oktober 2019

Immer wieder ruft Frau F. nach Vorfällen die Hotline an. Sie lässt sich schließlich auch an eine Beratungsstelle vor Ort vermitteln und gerät zunehmend unter Druck, weil ihr bewusst wird, dass auch ihre Kinder inzwischen mehr wissen und mitbekommen, als ihr lieb ist. Der Schritt zu einer Anzeige und/oder einer Trennung erscheint Frau F. dennoch unmöglich.

Durch eine Kiezmutter, deren Aufgabe es ist, konkrete Hilfen für Familien im Bezirk zu vermitteln, erfährt Frau F., dass auch die Polizei Bürger:innen anonym berät. Sie hatte noch nie Berührung mit der Polizei, dafür aber großen Respekt und eher wenig Vertrauen, dass jemand dort für ihre Situation Verständnis aufbringen könnte. Dennoch ruft sie schließlich die Opferschutzbeauftragte ihres Bezirks mit unterdrückter Telefonnummer an. Überrascht, besonnen informiert, nicht verurteilt oder zu einer Anzeige gedrängt zu werden, fasst sie schließlich mehr Mut. Ihr ist durch die polizeiliche Beratung umso mehr bewusst geworden, was sie eigentlich längst wusste: Einen einfachen Ausweg gibt es nicht und ihr Familienleben ist zu zerrüttet, um weiterhin auf Veränderung zu hoffen. Gleichzeitig ist Frau F. bewusst, dass sie nie die Kraft haben wird, sich ihrem Mann allein zu widersetzen oder die Trennung auszusprechen.

November 2019

Frau F. lässt sich von ihrer Beraterin in der Fraueneinrichtung zur Polizei begleiten und erstattet Anzeige. Ihre Beraterin hat sie vorab angekündigt und so nimmt eine  Polizeibeamtin, die speziell für Fälle häuslicher Gewalt ausgebildet ist und bereits eine Vielzahl solcher Fälle bearbeitet hat, ihre Anzeige auf. Ihre Beraterin bleibt die ganze Zeit bei ihr. Frau F. spürt während der Vernehmung, in der die Beamtin sehr behutsam und emphatisch vorgeht, dass es offenbar ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen der Mitarbeiterin der Beratungsstelle und der Polizeibeamtin gibt. Das macht es ihr leichter, von ihrem Leidensweg zu berichten. Die Polizeibeamtin befragt sie auch zu ihrer derzeitigen Gefährdung und der ihrer Kinder. Frau F. kann die Situation nicht einschätzen und hat Angst vor der Konfrontation mit ihrem Mann. Sie wird über ihre Opferrechte, den weiteren Verlauf des Strafverfahrens und die polizeilichen Schutzmöglichkeiten informiert. Die Polizeibeamtin informiert mit Frau F.s Wissen das Jugendamt über die Situation.

Frau F. fasst den Mut, ihren Bruder von der Polizeidienststelle aus anzurufen und einzuweihen. Dieser verlässt umgehend seinen Arbeitsplatz, um sie und die Kinder erst einmal über Nacht aufzunehmen.

Im Nachgang der Anzeigenerstattung wird Herr F. von der Polizei aufgesucht und der gemeinsamen Wohnung verwiesen. Darüber hinaus führt die Polizei eine Gefährderansprache durch. Herr F. wirkt auf die Polizeibeamten vollkommen überrascht und äußerst wütend. Er kann nicht fassen, der Wohnung verwiesen zu werden. Nachdem ihm die Rechtslage eindringlich vor Augen geführt wurde und er Informationen von den Polizeibeamten über Notunterkünfte sowie auch Beratungsmöglichkeiten erhalten hat, sagt er fest zu, sich bis auf Weiteres von seiner Frau und den Kindern fernzuhalten.

Frau F. nimmt, mit Unterstützung ihrer Beraterin in der Frauenschutzeinrichtung, die Möglichkeit wahr, eine Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) beim Familiengericht zu beantragen.

Dezember 2019

Im Rahmen der dreiwöchigen polizeilichen Ermittlungen macht Herr F. von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und lässt sich anwaltlich vertreten. Frau F. kann die jahrelange Gewaltbeziehung in ihrer erneuten Vernehmung schlüssig darlegen; auch dieses Mal wird sie von ihrer Beraterin der Frauenschutzeinrichtung begleitet. Auf eine Anhörung der Kinder wird aufgrund von deren Alter verzichtet. Nach der Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht werden medizinische Unterlagen von Frau F.s Hausärztin in den Vorgang aufgenommen; sie belegen Frau F.s Angaben.

Die Strafanzeige wird nach Abschluss der Ermittlungen durch die Polizei der zuständigen Abteilung der Amtsanwaltschaft für Fälle häuslicher Gewalt zur weiteren Entscheidung übersandt.

Vor einem Familiengericht werden die umgangsrechtlichen Regelungen bzgl. der gemeinsamen Kinder des Ehepaares F. festgelegt. In einem späteren Gerichtsverfahren wird Herr F. wegen mehrfacher Körperverletzung verurteilt. Er erhält die Weisung, an einem Anti-Gewalt-Training teilzunehmen.



Quellen

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  3. Gondolf, E. W. 2002, Batterer Intervention Systems: Issues, Outcomes and Recommendations, Sage Publications, Thousand Oaks, p. 171 ↩︎
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  8. Zugriff am 09.09.2020 auf https://www.ebg.admin.ch/ebg/de/home/dokumentation/publikationen-allgemein/publikationen-gewalt.html, genauer: https://backend.ebg.admin.ch/fileservice/sdweb-docs-prod-ebgch-files/files/2023/08/28/aabd3187-1c08-4ae7-af9a-83b217ffa374.pdf Seite 3 ↩︎
  9. Davies, J., Lyon, E. & Monti-Catania, D. 1998, Safety Planning with Battered Women: Complex Lives/Difficult Choices, Sage Publications, Thousand Oaks, p. 98-100). ↩︎
  10. Rechtsanwältin Susanne Köhler, „Hochrisikomanagement bei häuslicher Gewalt – Was ist das?“, 2022, p. 16. https://www.lpr.sachsen.de/download/SusanneKoehlerHochrisikomanagement.pdf ↩︎
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  15. Spearman, K. J., Hardesty, J. L., & Campbell, J. (2023). Post-separation abuse: A concept analysis. Journal of advanced nursing, 79(4), 1225–1246. https://doi.org/10.1111/jan.15310 ↩︎
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    Elizabeth, V. (2019). ‘It’s an invisible wound’: the disenfranchised grief of post-separation mothers who lose care time. Journal of Social Welfare and Family Law, 41(1), 34–52. https://doi.org/10.1080/ 09649069.2019.1554788 ↩︎
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  18. Elizabeth, V. (2017). Custody stalking: A mechanism of coercively controlling mothers following separation. Feminist Legal Studies, 25(2), 185–201. https://doi.org/10.1007/s10691-017-9349-9 ↩︎
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  36. Gondolf, E. W. 2002, Batterer Intervention Systems: Issues, Outcomes and Recommendations, Sage Publications, Thousand Oaks, p. 174. ↩︎
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  38. Maram Practice Guides Foundation Knowledge Guide, State of Victoria, Australia, Family Safety Victoria, February 2021, p. 36, available at https://www.vic.gov.au/maram-practice-guides-and-resources ↩︎
  39. 1800 Respect, national domestic family and sexual violence counselling service, accessed: 01.02.24, https://www.1800respect.org.au/resources-and-tools/risk-assessment-frameworks-and-tools/risk-assessment ↩︎
  40. WHO (2014) Clinical handbook Health care for women subjected to intimate partner violence or sexual
    violence, p. 25. ↩︎
  41. WHO (2014) Clinical handbook Health care for women subjected to intimate partner violence or sexual
    violence, p. 25-26. ↩︎
  42. Boyle A, Jones P, Lloyd S. The association between domestic violence and self harm in emergency medicine patients. Emerg Med J. 2006 Aug;23(8):604-7. doi: 10.1136/emj.2005.031260. PMID: 16858090; PMCID: PMC2564159. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2564159/ ↩︎
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  44. WHO (2014) Clinical handbook Health care for women subjected to intimate partner violence or sexual
    violence, p. 25. ↩︎
  45. 1800 Respect, national domestic family and sexual violence counselling service, accessed: 01.02.24, https://www.1800respect.org.au/resources-and-tools/risk-assessment-frameworks-and-tools/risk-assessment ↩︎
  46. WHO (2014) Clinical handbook Health care for women subjected to intimate partner violence or sexual
    violence, Questions to assess immediate risk of violence p. 26, Making a safety plan p. 27. ↩︎
  47. Austrian Women’s Shelter Network 2015, Kelly Blank, Maria Rösslhumer, TRAINING MANUAL ON GENDER-BASED VIOLENCE FOR HEALTH PROFESSIONALS, AÖF – Austrian Women’s Shelter Network, Austria, https://eeca.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/implement_train_EN_201606_hires.pdf ↩︎
  48. WHO (2014) Clinical handbook Health care for women subjected to intimate partner violence or sexual
    violence, Making a safety plan p. 27. ↩︎
  49. WHO (2014) Clinical handbook Health care for women subjected to intimate partner violence or sexual
    violence, Making a safety plan p. 28. ↩︎
  50. WHO (2014) Clinical handbook Health care for women subjected to intimate partner violence or sexual
    violence, Making a safety plan p. 28. ↩︎
  51. WHO (2014) Clinical handbook Health care for women subjected to intimate partner violence or sexual
    violence, Making a safety plan p. 33. ↩︎
  52. Campbell, 1995 ↩︎
  53. Ferraro et al., 1983 ↩︎
  54. Rice, Harris and Hilton, 2010 ↩︎