Modul 6: Internationale Standards und gesetzliche Rahmenbedingungen in Österreich

1. Internationale Rahmenbedingungen
1.1. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR)
1.2. UN-Abkommen und Resolutionen
1.3. Erklärung und Aktionsplattform von Beijing
1.4. Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW)
1.5. Erklärung zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (DEVAW)
1.6. UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes (CRC)
1.7. Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD)
1.8. Genfer Flüchtlingskonvention
1.9. UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs)
1.10. Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
1.11. Übereinkommen über Computerkriminalität (Budapest-Konvention)
1.12. Übereinkommen zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Lanzarote-Konvention)
1.13. EU-Opferschutzrichtlinie
1.14. Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. September 2021 zur Festlegung von geschlechtsspezifischer Gewalt als neuen Kriminalitätsbereich

Im Blickpunkt: Istanbul-Konvention
2. Die wichtigsten Fakten zur Istanbul-Konvention

3. Nationale Rahmenbedingungen in Österreich

Quellen

Einleitung

Willkommen zu Modul 6 über „Internationale Standards und gesetzliche Rahmenbedingungen in Österreich. Modul 6 gibt Ihnen einen Überblick über internationale Rahmenwerke wie z. B. die Istanbul-Konvention und deren mögliche Umsetzung sowie über die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf häusliche Gewalt in Österreich.

Lernziele
+ In diesem Modul werden die internationalen Standards (wie z. B. die Istanbul-Konvention) und die gesetzlichen deutschen Rahmenbedingungen vorgestellt.


1. Internationale Rahmenbedingungen

In diesem Abschnitt sind internationale und europäische Konventionen und Erklärungen zusammengestellt, die die Staaten verpflichten, Gewalt gegen Frauen als Menschenrechtsverletzung anzuerkennen. Länder, die diese Abkommen ratifizieren, verpflichten sich, die globalen Standards in ihre nationalen Gesetze zu integrieren. Darüber hinaus werden strategische Rahmenwerke und politische Dokumente zur Bekämpfung häuslicher Gewalt als Referenz aufgeführt.

  • Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR)
  • UN-Abkommen und Resolutionen
  • Erklärung und Aktionsplattform von Beijing
  • Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW)
  • Erklärung zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (DEVAW)
  • UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes (CRC)
  • Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD)
  • Genfer Flüchtlingskonvention UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs)
  • Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
  • Übereinkommen über Computerkriminalität (Budapest-Konvention)
  • Übereinkommen zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Lanzarote-Konvention)
  • EU-Opferschutzrichtlinie
  • Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. September 2021 zur Festlegung von geschlechtsspezifischer Gewalt als neuen Kriminalitätsbereich
Allgemeine Standards

Internationale Organisationen haben eine Reihe von Mindeststandards festgelegt, die Staaten umsetzen sollen. Diese internationalen Verpflichtungen betreffen die Untersuchung und Bestrafung von Gewalttaten, den Schutz von Gewaltbetroffenen und die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen/häuslicher Gewalt.

  • Die Grundlagen für diese fundamentalen Standards umfassen Vertraulichkeit, Sicherheit und Respekt für die Opfer von Gewalt sowie Zugänglichkeit und Verfügbarkeit von Unterstützungen.
  • Unterstützungsleistungen sollen kostenlos sein und Interventionen auf den Grundsätzen des Empowerments und der Selbstbestimmung beruhen.
  • Die Mitarbeiter:innen aller Unterstützungseinrichtungen sollen qualifiziert und in Geschlechterfragen geschult sein, sich laufend weiterbilden und ihre Arbeit nach klaren Richtlinien und ethischen Kodizes ausüben. In Bezug auf ihr Personal sollen die Einrichtungen Diversität sicherstellen.
  • Alle Opferschutz- und Unterstützungseinrichtungen sollen die Vertraulichkeit und Privatsphäre von Opfern wahren, mit anderen einschlägigen Einrichtungen zusammenarbeiten und sich mit ihnen abstimmen. Unterstützungsangebote sollen unter Beteiligung von Klient:innenevaluiert werden.
  • Das Fachwissen spezialisierter Gewaltschutzeinrichtungen sollte anerkannt werden.
  • Die Standards betonen auch die Bedeutung der behördenübergreifenden Zusammenarbeit bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt. Dazu zählt die Einrichtung von Interventionsketten, Überweisungsprozessen und Protokollen.
  • Die beste Art, Unterstützung zu leisten, sind „One-Stop-Shops“ oder multidisziplinäre Teams.
  • Nach Möglichkeit sollten Schutz- und Unterstützungsdienste in denselben Räumlichkeiten untergebracht werden.

Die 1948 verabschiedete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) legt grundlegende Menschenrechtsprinzipien und ihre Durchsetzung fest. Besonders wichtig in Zusammenhang mit häuslicher Gewalt ist Artikel 5.2

Erfahren Sie mehr über die AEMR in folgendem Video:

Die folgenden Bilder illustrieren und erklären die Artikel der AEMR in vereinfachter Form: 3

Quelle: United Nations. Illustrated Universal Declaration of Human Rights. https://www.ohchr.org/en/universal-declaration-of-human-rights/illustrated-universal-declaration-human-rights


Gewalt gegen Frauen wurde sowohl vom Menschenrechtsrat als auch von der UN-Generalversammlung in zahlreichen Beschlüssen thematisiert. Verschiedene UN-Resolutionen betonen den Schutz vor Gewalt, insbesondere vor geschlechtsspezifischer Gewalt. Obwohl solche Beschlüsse rechtlich nicht verbindlich sind, orientieren sich internationale Standards an ihnen.

Eine Liste relevanter Beschlüsse und begleitender Berichte finden Sie auf der Seite der UNO/Womenwatch.

Das folgende Video erläutert die Rolle der UN bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen:

Die UN und ihre Rolle in der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen


In der Erklärung der 4. Weltfrauenkonferenz von 1995 wird die Bedeutung der Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, auch im häuslichen Bereich, betont. Sie ruft zu strategischen Maßnahmen auf, um dieses Problem anzugehen.5 Eine Zusammenfassung6 findet sich hier:

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Hier geht es zu einem Erklärvideo.

Die Aktionsplattform spricht zwölf wichtige Problembereiche an.7

Bitte klicken Sie auf die Kreuze unter jedem Begriff in den entsprechenden Kreisen, um weitere Informationen zu erhalten.

Quelle: UN Women8

Die Plattform gibt Regierungen, internationalen Organisationen, der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor eine Agenda vor, um die Menschenrechte von Frauen zu schützen und sicherzustellen, dass Geschlechterfragen in allen nationalen, regionalen und internationalen Politiken und Programmen berücksichtigt werden.

Die Fortschritte bei der Umsetzung der Aktionsplattform von Beijing (BPFA) werden alle fünf Jahre von der Frauenstatuskommission (Commission on the Status of Women, CSW) überprüft. Die Regionalkommissionen der Vereinten Nationen sind seit der ersten Überprüfung im Jahr 2000 beauftragt, in Zusammenarbeit mit regionalen NGOs Berichte über die Fortschritte bei der Umsetzung der BPFA zu erstellen. Diese Berichte basieren auf den jeweiligen Evaluierungen der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen und fließen in einen globalen Bericht ein, der vom CSW-Sekretariat bei UN Women zusammengestellt und vom Generalsekretär der Generalversammlung vorgelegt wird. Bisher wurden fünf Überprüfungen – in den Jahren 2000, 2005, 2010, 2015 und 2020 – durchgeführt. Sie resultierten jeweils in einem Ergebnisdokument, in dem sich die Staaten verpflichten, ihre Anstrengungen zur Erfüllung der globalen Verpflichtungen in Bezug auf die Rechte von Frauen und Mädchen fortzusetzen. Im Ergebnisdokument werden außerdem vorrangige Maßnahmen für die kommenden fünf Jahre festgelegt.9


Im Sinne des CEDAW-Übereinkommens „bezeichnet der Ausdruck ‚Diskriminierung der Frau‘ jede mit dem Geschlecht begründete Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung, die zur Folge oder zum Ziel hat, dass die auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau gegründete Anerkennung, Inanspruchnahme oder Ausübung der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch die Frau – ungeachtet ihres Zivilstands – im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, staatsbürgerlichen oder jedem sonstigen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird.“11

Das 1979 verabschiedete CEDAW ist ein zentrales Instrument zur Förderung der Rechte von Frauen. Artikel 2(f) enthält die Verpflichtung, alle Formen der Diskriminierung von Frauen zu beseitigen, was auch geschlechtsspezifische Gewalt, einschließlich häuslicher Gewalt, einbezieht.12

Prinzip I: Substantielle Gleichberechtigung

Prinzip II: Nichtdiskriminierung

Prinzip III: Staatliche Verpflichtung

Das folgende Video erklärt diese Prinzipien:

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Gewalt gegen Frauen wird in der DEVAW-Erklärung folgendermaßen definiert: „Im Sinne dieser Erklärung bedeutet der Ausdruck ‚Gewalt gegen Frauen‘ jede gegen Frauen auf Grund ihrer Geschlechtszugehörigkeit gerichtete Gewalthandlung, durch die Frauen körperlicher, sexueller oder psychologischer Schaden oder Leid zugefügt wird oder zugefügt werden kann, einschließlich der Androhung derartiger Handlungen, der Nötigung und der willkürlichen Freiheitsberaubung, gleichviel ob im öffentlichen oder im privaten Bereich.“14

Das 1993 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete DEVAW ist ein umfassendes Dokument zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, das auch häusliche Gewalt umfasst. Es fordert die Beseitigung von Gewalt und die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter.15

Video von UN-Women: Die Geschichte von Sarah: Verbesserung der grundlegenden Unterstützung für Betroffene von Gewalt gegen Frauen und Mädchen.

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Internationaler Gedenktag

Seit 1999 ist der 25. November als „Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ von den Vereinten Nationalen als Gedenktag anerkannt.

16 Aktionstage gegen geschlechtsspezifische Gewalt:16,17

  • Die 16 Aktionstage gegen geschlechtsspezifische Gewalt sind eine jährliche internationale Kampagne, die am 25. November beginnt und bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, läuft.
  • Die Kampagne wurde von Aktivist:innen anlässlich der Eröffnung des Women’s Global Leadership Institute im Jahr 1991 ins Leben gerufen.
  • Sie wird von Einzelpersonen und Organisationen auf der ganzen Welt als Strategie eingesetzt, um die Verhütung und Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu fordern.
  • Zur Unterstützung dieser zivilgesellschaftlichen Initiative rief der Generalsekretär der Vereinten Nationen 2008 die Kampagne UNITE „Bis 2030: Gewalt gegen Frauen beenden“ ins Leben, die parallel zu den 16 Tagen des Aktivismus läuft.
  • Jedes Jahr konzentriert sich die UNITE-Kampagne auf ein bestimmtes Thema.
Quelle: UN Women Asia and the Pacific. In Focus: 16 Days of Activism against Gender-Based Violence.

Die Globale Datenbank über Gewalt gegen Frauen ist eine Online-Ressource, die umfassende und aktuelle Informationen über die von den Regierungen ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in den Bereichen Gesetze und Politik, Prävention, Dienstleistungen und statistische Daten bietet.


Das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes (CRC) ist ein rechtsverbindliches internationales Abkommen, in dem die bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte jedes Kindes, unabhängig von seiner Ethnie, Religion oder seinen Fähigkeiten, festgelegt sind. Obwohl sich die CRC in erster Linie auf die Rechte von Kindern konzentriert, ist sie auch für häusliche Gewalt gegen Kinder relevant. Artikel 19 befasst sich speziell mit dem Schutz von Kindern vor allen Formen von Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung.

Die folgenden Bilder zeigen die Themen der weiteren Artikel der Konvention:19

Eine kinderechte Zusammenfassung der UN-Kinderrechtskonvention und deren Artikel bietet die UNICEF Broschüre der Kinderrechte.


Die 2006 verabschiedete CRPD betont die Rechte von Menschen mit Behinderungen, einschließlich des Schutzes vor Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch. Menschen mit Behinderungen sind häufiger von häuslicher Gewalt bedroht, und die Konvention fordert Maßnahmen, um ihren Schutz zu gewährleisten.

Das folgende Video erläutert die Umsetzung der Konvention für Menschen mit Behinderungen:


Die Flüchtlingskonvention von 1951 (auch unter Genfer Flüchtlingskonvention bekannt) ist ein wichtiges internationales Instrument, das sich speziell mit den Rechten und dem Schutz von Geflüchteten befasst, einschließlich jener, die vor häuslicher Gewalt oder anderen Formen geschlechtsspezifischer Verfolgung fliehen. Die Konvention umreißt die Rechte und Leistungen, die Geflüchteten gewährt werden sollten, einschließlich des Zugangs zum Rechts- und Gesundheitssystem.

Im folgenden Video wird die Genfer Flüchtlingskonvention näher erläutert:


Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die 2015 von allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen einstimmig angenommen wurde, dient als kollektiver Rahmen für die weltweite Förderung von Frieden, Wohlstand und Nachhaltigkeit. Ihr Kernstück sind die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung („Sustainable Development Goals“, SDGs), die alle Nationen, sowohl Industrie- als auch Entwicklungsländer, dringend zum gemeinsamen Handeln im Rahmen einer globalen Partnerschaft auffordern. Diese Ziele erkennen an, dass die Beendigung von Armut und Benachteiligung eng verbunden ist mit Initiativen zur Verbesserung von Gesundheit und Bildung, zur Verringerung von Ungleichheit, zur Förderung des Wirtschaftswachstums, zur Bewältigung des Klimawandels und zur Erhaltung unserer Ozeane und Wälder.

Kennen Sie alle 17 SDGs?24,25

Jedes Jahr legt der UN-Generalsekretär einen SDG-Fortschrittsbericht vor, der in Zusammenarbeit mit den UN-Institutionen entwickelt wird und auf dem globalen Indikatorrahmen sowie auf nationaler und regionaler Ebene gesammelten Informationen basiert.

Darüber hinaus wird alle vier Jahre ein globaler Bericht über nachhaltige Entwicklung erstellt, der als Grundlage, für die ebenfalls alle vier Jahre stattfindenden Beratungen der UN-Generalversammlung über die SDGs dient. Er wird von einer unabhängigen Gruppe von Wissenschaftler:innen verfasst, die vom Generalsekretär ernannt werden.

Ziel 5 der SDGs – Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen – konzentriert sich auf die Gleichstellung der Geschlechter und die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Die Bekämpfung von häuslicher Gewalt ist eng mit der Erreichung dieser Ziele verbunden.26


Die EMRK schützt im Rahmen des Europarats die Grundrechte. Artikel wie z.B. Artikel 3 – Verbot von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung – sind auf Fälle von häuslicher Gewalt anwendbar.28

Wie werden Ihre Menschenrechte geschützt?

Im Folgenden finden Sie einige Fallstudien, die Ihnen helfen sollen zu verstehen, wie die EMRK in der Praxis funktioniert:29


Dieses Übereinkommen des Europarats befasst sich zwar in erster Linie mit Cyberkriminalität, aber auch mit anderen Straftaten im Zusammenhang mit Computersystemen. Angesichts des zunehmenden Einsatzes von Technologie in Fällen häuslicher Gewalt ist das Verständnis von Cyberkriminalität von entscheidender Bedeutung.38

Im folgenden Video erfahren Sie mehr über die Budapest-Konvention:

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Die Lanzarote-Konvention wurde 2007 vom Europarat verabschiedet und trat 2010 in Kraft. Ihr Hauptziel ist der Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, wobei die Notwendigkeit wirksamer Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene betont wird.

Im Jahr 2015 beschloss das Ministerkomitee des Europarats, einen Schritt weiterzugehen und den ersten Europäischen Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch auszurufen, der jedes Jahr um den 18. November herum begangen wird, um an die wichtige Arbeit und die Wirkung der Kampagne ONE in FIVE anzuknüpfen.40


Diese 2012 von der Europäischen Union verabschiedete Richtlinie zielt darauf ab, Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten, einschließlich der Opfer häuslicher Gewalt, festzulegen.42

  • Die Richtlinie stärkt die Rechte der Opfer und ihrer Familienangehörigen auf Information, Unterstützung und Schutz erheblich. Sie stärkt außerdem die Verfahrensrechte der Opfer in Strafverfahren.
  • Die Richtlinie verlangt auch, dass die EU-Länder für eine angemessene Schulung derjenigen Beamt:innen sorgen, die mit den Opfern in Kontakt kommen könnten.
  • Die EU-Länder mussten die Bestimmungen der Richtlinie bis zum 16. November 2015 in ihrem nationalen Recht umsetzen. Im Jahr 2013 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Leitfaden, um die Staaten bei diesem Prozess zu unterstützen.
  • Am 11. Mai 2020 nahm die Europäische Kommission einen Bericht über die Umsetzung der Richtlinie über die Rechte der Opfer an. In dem Bericht wird bewertet, inwieweit die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie ergriffen haben.
  • Für die Opfer bestimmter Straftaten – Opfer von Menschenhandel, von Kinderpornographie und sexueller Ausbeutung von Kindern sowie von Terrorismus – hat die EU besondere Vorschriften erlassen. Diese Vorschriften bauen auf der Opfeschutzrichtlinie auf, gehen aber direkter auf die besonderen Bedürfnisse der Opfer solcher Straftaten ein.
  • Um die nationalen Behörden bei der Umsetzung der EU-Vorschriften über die Rechte der Opfer zu unterstützen, hat die Europäische Kommission das EU-Kompetenzzentrum für Terrorismusopfer eingerichtet. Das EU-Zentrum bietet den nationalen Behörden und den Opferhilfeorganisationen Fachwissen, Schulungen, Beratung und Unterstützung an.
  • Am 24. Juni 2020 verabschiedete die Kommission ihre erste EU-Strategie für die Rechte der Opfer (2020-2025), um sicherzustellen, dass alle Opfer von Straftaten in der EU ihre Rechte in vollem Umfang wahrnehmen können. Die Strategie sieht Maßnahmen für die Europäische Kommission, die Mitgliedstaaten und die Zivilgesellschaft für einen Zeitraum von fünf Jahren vor.
  • Am 8. März 2022 nahm die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt an. Der Vorschlag sieht konkrete Maßnahmen in Bezug auf den Zugang zu Informationen, Unterstützung, Schutz und Zugang zu Entschädigung für Opfer von Gewalt gegen Frauen und Opfer häuslicher Gewalt vor.
  • Am 12. Juli 2023 schlug die Kommission Änderungen an der Opferschutzrichtlinie vor. Die Überarbeitung geht auf Probleme ein, die bei der Bewertung im Juni 2022 festgestellt wurden. Die Änderungen beziehen sich auf fünf wichtige Opferrechte: Zugang zu Informationen, verbesserte und bedürfnisgerechte Schutzmaßnahmen, besserer Zugang zu spezialisierten Unterstützungsangeboten, verbesserte Teilnahme an Strafverfahren und erleichterter Zugang zu Entschädigung.

Podcast des Parlamentarischen Forschungsdienstes (EPRS) zur Überarbeitung der Opferschutzrichtlinie:

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Die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. September 2021 zur Einstufung von geschlechtsspezifischer Gewalt als neue Straftat ist ein Beispiel für die Bemühungen der Europäischen Union, geschlechtsspezifische Gewalt als einen besonders schwerwiegenden Bereich der Kriminalität zu behandeln. Nach Artikel 83 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (2021/2035(INL)) kann das Europäische Parlament für einige Kriminalitätsbereiche – etwa Terrorismus, Menschenhandel, illegaler Drogen- und Waffenhandel usw. – EU-weite Mindestvorschriften erlassen. Mit der Entschließung vom 16. September 2021 wird die Europäische Kommission nun aufgefordert, geschlechtsspezifische Gewalt in diesen Katalog aufzunehmen. Frances Fitzgerald, die die Gespräche über neue Vorschriften leitete, erläutert im Gespräch mit Alice Cappelle, einer französischen YouTuberin, die Bildungsinhalte und kritische Essays über Frauenrechte und soziale Themen erstellt, wie die EU beabsichtigt, gegen Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt vorzugehen.

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Im Blickpunkt: Istanbul-Konvention – Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt

Das 2011 verabschiedete Übereinkommen des Europarats befasst sich speziell mit geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich häuslicher Gewalt. Es enthält detaillierte Verpflichtungen für die Mitgliedsstaaten zur Verhinderung von Gewalt, zum Schutz der Opfer und zur Verfolgung der Täter.

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Die Istanbul-Konvention wurde von der Europäischen Union am 28. Juni 2023 ratifiziert und ist am 1. Oktober 2023 in Kraft getreten.45 Mit dem Beitritt werden für die EU internationale Normen bindend.

Erfahren Sie mehr über die Istanbul-Konvention in dem folgenden Video:

Am 29. November 2023 richtete die Kommission ein EU-Netzwerk zur Prävention von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt ein. Das Netzwerk wird zweimal im Jahr zusammentreten und sich aus Beamt:innen der Mitgliedstaaten und Interessenvertreter:innen zusammensetzen (https://preventiongbv.eu).

Gesamtzahl der Ratifizierungen/Beitritte: 39 (Stand: Januar 2024)46


2. Die wichtigsten Fakten zur Istanbul-Konvention47,48

Was ist der Zweck der Istanbul-Konvention?
  • Das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist ein wichtiger Menschenrechtsvertrag, der umfassende rechtliche Standards festlegt, um das Recht von Frauen auf Freiheit von Gewalt zu gewährleisten.
  • Dieses europäische Rechtsinstrument ist das Ergebnis der kontinuierlichen Bemühungen des Europarats seit den 1990er Jahren, Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhindern. Es wurde von seinen 47 Mitgliedstaaten ausgehandelt und am 7. April 2011 vom Ministerkomitee angenommen.
  • Es ist nach der Stadt, in der es am 11. Mai 2011 zur Unterzeichnung aufgelegt wurde, als Istanbul-Konvention bekannt.
  • Drei Jahre später, am 1. August 2014, trat es nach der zehnten Ratifizierung in Kraft. Seitdem sind alle Regierungen, die diesen Vertrag ratifiziert haben, an seine Verpflichtungen gebunden. Den deutschen Text der Istanbul-Konvention finden Sie hier: https://rm.coe.int/16806b076a
In welchem Zusammenhang steht die Istanbul-Konvention mit geschlechtsspezifischer Gewalt?
  • In der Istanbul-Konvention wird Gewalt gegen Frauen als eine Verletzung der Menschenrechte und eine Form der Diskriminierung von Frauen anerkannt.
  • Sie umfasst verschiedene Formen geschlechtsspezifischer Gewalt, d. h. Gewalt, die sich gegen Frauen richtet, weil sie Frauen sind, oder Gewalt, von der sie unverhältnismäßig stark betroffen sind.
  • Geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen unterscheidet sich von anderen Formen der Gewalt dadurch, dass die Tatsache, dass sie gegen eine Frau verübt wird, sowohl Ursache als auch Ergebnis ungleicher Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern ist, Diese führen zu einer untergeordneten Stellung von Frauen im öffentlichen und privaten Bereich und tragen dazu bei, dass Gewalt gegen Frauen akzeptiert wird.
  • Im Rahmen des Übereinkommens zielt die Verwendung des Begriffs Geschlecht darauf ab anzuerkennen, dass gesellschaftlich geprägte Einstellungen und Wahrnehmungen in Bezug auf Rollen und Verhaltensweisen eine Rolle bei der Fortdauer von Gewalt gegen Frauen spielen.
  • Die Konvention stellt daher die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in den Kontext der Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern.

Das folgende Faltblatt enthält weitere Informationen über den Geltungsbereich und die Ziele der Istanbul-Konvention: Die Istanbul-Konvention: Fragen und Antworten

Für wen gilt die Istanbul-Konvention?
  • Die Istanbul-Konvention basiert auf einem opferzentrierten Ansatz.
  • Der Schutz und die Unterstützung, die im Rahmen der Istanbul-Konvention gewährt werden, müssen jeder Frau zur Verfügung stehen, ohne Diskriminierung im Hinblick auf ihr Alter, ihre Behinderung, ihren Familienstand, ihre Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, ihren Migrantinnen- oder Flüchtlingsstatus, ihre Geschlechtsidentität oder ihre sexuelle Orientierung.
  • In der Istanbul-Konvention wird anerkannt, dass es Gruppen von Frauen gibt, die einem größeren Risiko ausgesetzt sind, Gewalt zu erfahren. Dazu gehören beispielsweise Frauen mit Behinderungen, Frauen, die nationalen Minderheiten angehören, LBTI-Frauen (lesbische, bisexuelle, transsexuelle und intersexuelle Frauen), Frauen aus ländlichen Gebieten, Migrantinnen, asylsuchende und geflüchtete Frauen, Frauen ohne Aufenthaltsgenehmigung, Mädchen, ältere Frauen, obdachlose Frauen, Frauen in der Sexarbeit und Frauen, die psychoaktive Substanzen konsumieren.
  • Es muss unbedingt sichergestellt werden, dass sich Maßnahmen zur Beendigung geschlechtsspezifischer Gewalt systematisch auf diese Gruppen von Frauen erstrecken, für sie zugänglich sind und auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sind.
  • Die Staaten werden auch ermutigt, die Istanbul-Konvention auf andere Opfer häuslicher Gewalt, wie Männer, Kinder und ältere Menschen, anzuwenden.
Wozu verpflichtet die Istanbul-Konvention die Staaten?
  • Die Istanbul-Konvention ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden und harmonisierten Antwort auf die Frage, wie ein Leben frei von Gewalt für alle Frauen und Mädchen in Europa und darüber hinaus gewährleistet werden kann.
  • Die Verpflichtungen der Konvention umfassen vier Aktionsbereiche, die oft als die vier „P“ bezeichnet werden. Diese sind: Verhütung von Gewalt gegen Frauen (prevention), Schutz der Opfer (protection), strafrechtliche Verfolgung der Täter:innen (prosecution) sowie Durchführung damit verbundener umfassender und koordinierter Maßnahmen (co-ordinated policies).
  • Diese vier Hauptziele umfassen verschiedene Bestimmungen, einschließlich rechtlicher und praktischer Maßnahmen, die auf konkrete Veränderungen in den nationalen Reaktionen auf Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt abzielen.

Eine Infografik zu häuslicher Gewalt finden Sie hier.

Was wird in der Istanbul-Konvention unter Strafe gestellt?

In der Istanbul-Konvention werden mehrere Formen der geschlechtsspezifischen Gewalt gegen Frauen genannt, die unter Strafe gestellt (oder gegebenenfalls anderweitig sanktioniert) werden sollen. Diese sind:

  • Psychische Gewalt
  • Stalking
  • Physische Gewalt
  • Sexuelle Gewalt (einschließlich Vergewaltigung)
  • Sexuelle Belästigung
  • Zwangsehe
  • Weibliche Genitalverstümmelung
  • Erzwungener Schwangerschaftsabbruch
  • Erzwungene Sterilisation

Darüber hinaus sieht die Istanbul-Konvention die Verpflichtung vor sicherzustellen, dass Kultur, Brauchtum, Religion, Tradition oder die sogenannte „Ehre“ nicht als Rechtfertigung für eine der in ihren Anwendungsbereich fallenden Gewalttaten gelten.

Häusliche Gewalt

  • Die Istanbul-Konvention bezieht sich auch auf häusliche Gewalt, einschließlich körperlicher, sexueller, psychologischer oder wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder der häuslichen Einheit oder zwischen ehemaligen oder derzeitigen Ehegatt:innen oder Partner:innen begangen werden, unabhängig davon, ob der:die Täter:in mit dem Opfer denselben Wohnsitz teilt oder geteilt hat oder nicht.


Ist hier kein Video zu sehen, bitte einen anderen Browser verwenden oder hier klicken: https://vimeo.com/247798578

Aufgabe zum Nachdenken:

Sehen Sie sich das Video an und beantworten Sie die folgende Frage:

(1) Welche Formen von Gewalt werden von den Betroffenen in diesem Video angesprochen?

  • Die Istanbul-Konvention sieht folgende Umstände als Strafverschärfungsgründe vor (so diese nicht bereits ein Tatbestandsmerkmal darstellen):  die Begehung der Straftat gegen eine frühere oder derzeitige Ehegattin oder Partnerin durch ein Familienmitglied, eine mit dem Opfer zusammenlebende Person oder eine Person, die ihre Autorität missbraucht hat. Dies ist eine klare Botschaft, dass Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt keine Privatangelegenheit sind.
  • In der Istanbul-Konvention werden die Staaten aufgefordert, die Sicherheit und Unterstützung von Opfern häuslicher Gewalt unabhängig von ihrem Familienstand zu gewährleisten.
  • Die Istanbul-Konvention kann und muss unabhängig von den rechtlichen Definitionen von „Familie“ oder „Ehe“ und der Anerkennung oder Nichtanerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen angewendet werden. Diese Fragen sind von den einzelnen Staaten zu entscheiden, da die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften oder die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare nicht in den Geltungsbereich der Istanbul-Konvention fällt.
Wie wird die Umsetzung der Istanbul-Konvention überwacht?

Sobald eine Regierung die Istanbul-Konvention ratifiziert hat, muss sie Maßnahmen ergreifen, um die darin enthaltenen Bestimmungen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen umzusetzen. Es gibt einen Überwachungsmechanismus, der die Umsetzung dieser Bestimmungen in die Praxis bewertet und den nationalen Behörden eine Orientierungshilfe gibt. Er besteht aus zwei Gremien:

Die Expert:innengruppe zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (GREVIO)49
  • GREVIO ist ein unabhängiges Fachgremium, das mit der Überwachung der Umsetzung des Übereinkommens durch die Länder, die es ratifiziert haben (Vertragsparteien), beauftragt ist. Es setzt sich aus 15 unabhängigen Expert:innen zusammen.
  • GREVIO führt nationale Bewertungsverfahren durch, die Besuche vor Ort beinhalten, und veröffentlicht Berichte, in denen die gesetzgeberischen und sonstigen Maßnahmen zur Erfüllung des Übereinkommens bewertet werden.
  • GREVIO hat grundlegende Bewertungsberichte veröffentlicht, die maßgeschneiderte Anleitungen zur Verbesserung der Umsetzung bieten.
  • Darüber hinaus kann GREVIO unter bestimmten Umständen Untersuchungen einleiten.
  • GREVIO kann auch allgemeine Empfehlungen zu Themen und Konzepten des Übereinkommens abgeben.
  • Ein Überblick über die Aktivitäten von GREVIO ist in den allgemeinen Tätigkeitsberichten50 zu finden.

Der Ausschuss der Vertragsparteien51
  • Dieses Gremium setzt sich aus Vertreter:innen der Regierungen von Staaten zusammen, die der Konvention beigetreten sind.
  • Seit 2018 nimmt der Ausschuss auf Grundlage der GREVIO-Bewertungsberichte Empfehlungen zu Maßnahmen an. Diese sollen zur Umsetzung der Schlussfolgerungen, Anregungen und Vorschläge von GREVIO in Bezug auf ein bestimmtes Land ergriffen werden.
  • Den Ländern wird eine Frist von drei Jahren eingeräumt, um diese Empfehlungen umzusetzen und dem Ausschuss Bericht zu erstatten.
  • Auf dieser Grundlage nimmt der Ausschuss Schlussfolgerungen über die Umsetzung seiner Empfehlungen an.
  • Der Ausschuss kann auch die Ergebnisse von Untersuchungen, die von GREVIO-Mitgliedern durchgeführt wurden, prüfen und die aufgrund dieser Ergebnisse erforderlichen Maßnahmen in Betracht ziehen.
Was hat die Istanbul-Konvention bisher erreicht?
  • Die zahlreichen Evaluierungsverfahren, die GREVIO bisher abgeschlossen hat, haben gezeigt, welche konkreten Auswirkungen die Konvention in den letzten zehn Jahren hatte.
  • Ein wichtiger Schritt, der in vielen Ländern unternommen wurde, war die Einführung neuer Straftatbestände, um das Strafrecht an die Anforderungen der Konvention anzupassen.
  • Diese Bemühungen betreffen insbesondere die Kriminalisierung von Stalking, Zwangsheirat und weiblicher Genitalverstümmelung.
  • Darüber hinaus haben einige Länder ihre Rechtsvorschriften dahingehend geändert, dass die rechtliche Definition von sexueller Gewalt im Einklang mit der Istanbul-Konvention auf dem Fehlen der freien Zustimmung des Opfers beruht (im Unterschied zu Definitionen, die nur explizite Ablehnung berücksichtigen).
  • Darüber hinaus haben viele lokale, regionale und nationale Regierungen das Angebot an Unterstützungsleistungen für weibliche Opfer erweitert, indem sie beispielsweise nationale Telefonberatungsstellen eingerichtet, die Zahl der Frauenhäuser erhöht oder spezielle Anlaufstellen für Opfer sexueller Gewalt eingeführt haben.
  • Viele haben auch ihre Bemühungen zur Sensibilisierung für die verschiedenen Formen von Gewalt gegen Frauen verstärkt. Es wurden bewährte Verfahren ermittelt, wie Frauen mit Behinderungen oder Frauen und Mädchen, die von Genitalverstümmelung bedroht sind, erreicht werden können.
  • Auch wenn es nach wie vor deutlichen Verbesserungsbedarf gibt, wird die Notwendigkeit, alle Formen von Gewalt gegen Frauen umfassend und ganzheitlich anzugehen, deutlich anerkannt.
  • Die Ergebnisse von GREVIO betonen auch die Notwendigkeit sicherzustellen, dass die Ziele der Konvention alle Frauen und Mädchen erreichen.
  • Die Istanbul-Konvention gibt somit einerseits Impulse für die Ausweitung von Gesetzen und Unterstützungseinrichtungen, um eine größere Zahl von Frauen und Mädchen zu erreichen, die von geschlechtsspezifischer Gewalt bedroht sind. Andererseits verankert sie auch den Gedanken, dass es eine staatliche Verpflichtung ist, auf alle Formen von Gewalt gegen Frauen zu reagieren und Frauen und Mädchen in ihrer ganzen Vielfalt zu berücksichtigen.
  • Die Istanbul-Konvention und ihr Überwachungsmechanismus erweisen sich als wichtige Richtschnur für die Regierungen bei der Entwicklung von Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen.

Die GREVIO-Berichte und Stellungnahmen zu Österreich bietet weitere Informationen über vielversprechende Praktiken und Herausforderungen bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention.52

Informationen zur Istanbul Konvention: https://unwomen.de/die-istanbul-konvention/


Welche Mythen gibt es um die Istanbul-Konvention? Was sind die Fakten?

Hier erfahren Sie mehr:53

Aufgaben zur Reflexion

Bitte beantworten Sie die folgenden Fragen zur Istanbul-Konvention:
(1) Welche Länder haben die Istanbul-Konvention unterzeichnet?
(2) Wer überwacht ihre Umsetzung und wie oft?
(3) Wie ist die Istanbul-Konvention in Österreich umgesetzt worden? Wo sehen manche Menschen noch Verbesserungsbedarf?
(4) Warum wollen einige Regierungen der Istanbul-Konvention nicht beitreten oder haben sich von ihr zurückgezogen? Was sind ihre Argumente? Welche Gegenargumente fallen Ihnen ein?
(5) Wodurch unterscheidet sich die Istanbul-Konvention von anderen Konventionen und Resolutionen?




3. Nationale Rahmenbedingungen in Österreich

3.1. Gesetzgebung
3.2. Gewaltschutz
3.3. Hilfsangebot für Gewaltopfer
3.4. Präventionsmaßnahmen
3.5. Daten und Forschung

3.1. Gesetzgebung

Bundesweite Gesetzgebung

Mit der Einführung des ersten Gewaltschutzgesetzes (GeSchG) 1997 wurde häusliche Gewalt von einer privaten Angelegenheit zum Anlass für polizeiliches Einschreiten. Bereits seit den 1980er Jahren hatten Feministinnen kritisiert, dass die (meist) weiblichen Opfer die gemeinsame Wohnung zu ihrem eigenen Schutz verlassen mussten, wenn sie Gewalt durch den (meist) männlichen Täter erlebt hatten. Das GeSchG sah dementsprechend die Einführung von 3 Säulen im Gewaltschutz vor: polizeiliche Betretungsverbote (seit 2020: Annäherung- und Betretungsverbote) und gerichtliche Einstweilige Verfügungen (siehe „Strafverfolgung und Schutzmaßnahmen“) sowie die Einrichtung von Gewaltschutzzentren (siehe „Hilfsangebot für Gewaltopfer“). Gesetzliche Grundlagen dafür waren Novellierungen des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) und der Exekutionsordnung (EO). Weitere Novellierungen erfolgten durch das 2. GeSchG (2009) und 3. GeSchG (2019).

Rechtliche Definition

Das österreichische Strafrecht kriminalisiert häusliche Gewalt nicht per se, sondern als Delikte nach dem Strafgesetzbuch. Manche Delikte stehen dabei auch ohne explizite Nennung häufig direkt oder indirekt mit häuslicher Gewalt in Verbindung, etwa das weiter unten diskutierte Beispiel der Fortgesetzten Gewaltausübung (§107b StGB).54 Ferner stellt die Begehung bestimmter Straftaten gegen Angehörige einen besonderen Erschwerungsgrund dar (§ 33 Abs.2 Z.2 StGB).

Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben

Das StGB kennt als zentrale Tatbestände, die auch häusliche Gewalt einschließen, Mord (§ 75 StGB), Totschlag (§ 76 StGB) und verschiedene Arten der Körperverletzung (§§ 83- 88 StGB). Letztere sind insbesondere nach der Schwere der Tat bzw. den Tatfolgen weiter differenziert. Dem folgend kann Körperverletzung unterschieden werden in: Körperverletzung (§ 83 StGB), Schwere Körperverletzung (§ 84 StGB), Absichtlich schwere Körperverletzung (§ 87 StGB), Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 StGB) sowie Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§ 86 StGB). Darüber hinaus gibt es Spezifizierungen wie die „Verstümmelung oder sonstige Verletzung der Genitalien” (§ 85 Abs.1 Z.2a StGB).

Ebenfalls eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben stellt das „Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen“ (§ 92 StGB) dar. Darunter fällt auch das Vernachlässigen minderjähriger Kinder oder pflegebedürftiger Partner:innen.

Strafbare Handlungen gegen die Freiheit

Auch diese Tatbestände können bei häuslicher Gewalt zum Tragen kommen. Das betrifft etwa Freiheitsentziehung (§ 99 StGB) oder die Entführung einer unmündigen (§101 StGB) bzw. einer „geisteskranken oder wehrlosen“ Person (§§ 100, 101 StGB). Strafbar sind auch Nötigung (§ 105 StGB), Schwere Nötigung (106 StGB) sowie Zwangsheirat (106a StGB).

Erweitert wird diese Liste durch Beharrliche Verfolgung (§107a StGB) und Fortgesetzte Gewaltausübung (§ 107b StGB), zwei Tatbestände, die erst in den 2000er-Jahren in das StGB aufgenommen wurden. Der Tatbestand Beharrliche Verfolgung, umgangssprachlich als Stalking bezeichnet, wurde seit seiner Einführung 2006 mehrfach aktualisiert, zuletzt durch das 3. Gewaltschutzgesetz. Umfasste er vorher ausschließlich die Kontaktherstellung über Kommunikationsmittel oder über Dritte, die Bestellung von Waren oder Dienstleistungen und die Veranlassung Dritter zur Kontaktaufnahme, wurde nunmehr die unerlaubte Veröffentlichung von „Tatsachen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereiches“ der verfolgten Person ohne deren Zustimmung unter Strafe gestellt. Ebenfalls durch das 3. Gewaltschutzgesetz novelliert wurde die Fortgesetzte Gewaltausübung, wobei eine Strafverschärfung bei Taten gegen Unmündige und Wehrlose erfolgte.

Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung

Die Tatbestände dieses Abschnitts kommen auch bei sexualisierter Gewalt in Partnerschaften zum Tragen. Das betrifft v.a. Vergewaltigung (§ 201 StGB), Geschlechtliche Nötigung (§ 202 StGB) und Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung (§ 205a StGB).

Weitere strafbare Handlungen

Gewalt erfolgt nicht nur auf der körperlichen Ebene, sondern auch in Form von psychischer Gewalt. Allerdings existiert in Österreich kein diesbezüglicher Straftatbestand. Unter psychischer Gewalt sind insbesondere Beleidigungen, Erniedrigungen, Anschreien oder Einschüchterungen zu verstehen. Strafbar sind allerdings gefährliche Drohungen (§ 107 StGB), bei der es sich um eine strafbare Handlung gegen die Freiheit handelt.

Strafbare Handlungen gegen die Ehre werden in aufrechten Beziehungen selten zur Anzeige gebracht. Dazu zählen z.B. Üble Nachrede (§ 111 StGB) und Beleidigung (§ 115 StGB). Es handelt sich bei einer Tatbegehung im privaten Bereich nicht um ein Offizialdelikt, d.h. sie werden ausschließlich dann strafrechtlich verfolgt, wenn das Opfer Polizei und Justiz dazu ermächtigt.


3.2. Gewaltschutz

Bei der Polizei gibt es seit mehreren Jahren spezialisierte Präventionsbeamt:innen, sogenannte GiP („Gewalt in der Privatsphäre“)-Beamt:innen (2023 bundesweit ca. 960), die Opfer beraten, aber auch mit Täter:innen Gespräche zur Rechtsaufklärung führen. In der Landespolizeidirektion Wien wurde außerdem 2021 ein GiP-Support-Team etabliert, um Kolleg:innen beim Einschreiten nach dem Gewaltschutzgesetz telefonisch zu unterstützen. Eine zentrale Aufgabe ist die Identifikation von Hochrisikofällen, wobei für die Gefährdungseinschätzung das Tool ODARA verwendet wird.55

Wie bereits erwähnt, wurde durch das Gewaltschutzgesetz 1997 das Betretungsverbot als Schutzmaßnahme gegen häusliche Gewalt eingeführt (§ 38a Sicherheitspolizeigesetz SPG). Mit dem 3. GeSchG wurde es um ein Annäherungsverbot ergänzt. Damit ist es Gefährder:innen 14 Tage lang untersagt, sich einer geschützten Person auf mehr als 100 Meter anzunähern.

Gefährdete Personen können als längerfristige Schutzmaßnahme beim Bezirksgericht eine Einstweilige Verfügung (eV) beantragen, ein Betretungs- und Annäherungsverbot ist dafür nicht Voraussetzung. Es gibt zwei Typen von eVs, die häufig gemeinsam beantragt werden. Die eV zum Schutz vor Gewalt in Wohnungen schützt gefährdete Personen, die mit dem:r Gefährder:in in einer aufrechten Wohngemeinschaft leben: Der:die Gefährder:in darf die Wohnung bis zu sechs Monate lang nicht betreten (§ 382b Exekutionsordnung EO). Mit einer eV für einen allgemeinen Schutz vor Gewalt wird dem:der Gefährderin das Aufsuchen bestimmter Orte (Aufenthaltsverbot) sowie die Kontaktaufnahme mit dem Opfer (Kontaktverbot) untersagt (§ 382c EO). Diese eV bleibt maximal ein Jahr lang gültig. Für beide eVs gilt, dass mit ihrer Beantragung die Gültigkeit eines bestehenden Betretungs- und Annäherungsverbots auf 4 Wochen verlängert wird.

Eine dritte eV zum „Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre“ kommt bei beharrlicher Verfolgung zum Tragen, mit ihr wird jede Kontaktaufnahme – sei es persönlich, sei es durch Kommunikationsmittel – mit dem Opfer untersagt (§ 382d EO). Ihre Dauer kann maximal ein Jahr betragen.

Die Gewaltschutzzentren unterstützen die Opfer bei der Beantragung von eVs.


3.3. Hilfsangebote für Gewaltopfer

Das wichtigste Unterstützungsangebot sind die Gewaltschutzzentren. Die 1997 durch das Gewaltschutzgesetz österreichweit implementierten Einrichtungen sind als Anlaufstelle nach einem Betretungs- und Annäherungsverbot eine der Säulen der österreichischen Strategie gegen häusliche Gewalt. Sie bieten ihren Klient:innen psychosoziale und juristische Unterstützung. In jedem Bundesland wurde ein Gewaltschutzzentrum eingerichtet, in den größeren Bundesländern gibt es zusätzlich Außenstellen und teilweise mobile Einheiten, um lokal Hilfe anbieten zu können. Wichtige Unterstützungsangebote sind die auf Länderebene finanzierten Frauenhäuser. Der Großteil von ihnen hat sich im Verein AÖF (Autonome Frauenhäuser Österreich) zusammengeschlossen; die Frauensektion im Bundeskanzleramt hat eine vollständige Liste der Frauenhäuser erstellt. Insgesamt waren 2021 750 Plätze in Frauenhäusern für Frauen und ihre Kinder vorhanden – nach den Vorgaben der Istanbul-Konvention fehlten damit bundesweit rund 135 Plätze.56

Des Weiteren sind seit 2011 Krankenhäuser dazu verpflichtet, Opferschutzgruppen (OSG) für Betroffene häuslicher Gewalt einzurichten (§ 8e Abs.4 Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten).57 Den Opferschutzgruppen obliegen laut Gesetz „insbesondere die Früherkennung von häuslicher Gewalt und die Sensibilisierung der in Betracht kommenden Berufsgruppen für häusliche Gewalt“, damit der Medizinbereich besser auf die Bedürfnisse von Gewaltopfern eingehen kann.58

Darüber hinaus finden sich niederschwellige Unterstützungsangebote, die über Telekommunikationsmittel erreicht werden können. Das sind u.a. die die Frauenhelpline mit der Telefonnummer 0800 222 555 sowie der online verfügbare HelpCh@t für weibliche Opfer von Gewalt.

Unterschiedliche spezialisierte NGOs, die sich oft nicht auf häusliche Gewalt fokussieren, bieten ebenfalls Unterstützung an, wobei sich die Spezialisierung auf Personengruppen (z.B. LGBTIQ-Personen) oder Gewaltformen (z.B weibliche Genitalverstümmelung FGM, Menschenhandel) beziehen kann. Diese Organisationen sind meist Teil eines Netzwerks von Einrichtungen, die gemeinsam versuchen auf die Bedürfnisse ihrer KlientInnen einzugehen sowie untereinander Trainings und Schulungen anbieten ö.ä. Wichtige spezialisierte NGOs sind etwa Courage oder Zara.

Schließlich steht Opfern von bestimmten Formen von Gewalt59 ein Recht auf Prozessbegleitung zu.60 Psychosoziale Prozessbegleitung umfasst die Vorbereitung der Betroffenen auf die psychischen Belastungen im Verfahren und die Begleitung zu Polizei und Gericht, juristische Prozessbegleitung die rechtliche Beratung und Vertretung durch eine:n Rechtsanwält:in. Prozessbegleitung wird vom Bundesministerium für Justiz finanziert und von Opferschutzeinrichtungen durchgeführt.


3.4. Präventionsmaßnahmen

Eines der größeren Präventionsprojekte ist die 2019 vom Verein AÖF gestartete österreichische Implementation des in Österreich entwickelten Projekts „StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt“. Ziel ist es, Nachbarschaften für häusliche Gewalt zu sensibilisieren und Zivilcourage zu stärken, damit Nachbar:innen auf erlebte Gewalt kompetent reagieren. Das geschieht z.B. durch den Aufbau von lokalen Aktionsgruppen, den sogenannten Frauen- und Männertischen. Neben dieser Community-Arbeit organisiert StoP auch Trainings- und Sensibilisierungskampagnen. Aktuell (Mai 2024) gibt es StoP in 30 Orten, verteilt über alle neun Bundesländer, ein weiterer Ausbau ist geplant. Es wird u.a. vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gefördert.

Eine wichtige Präventionsmaßnahme sind Kampagnen, die eine breitere Öffentlichkeit auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam machen. Dazu zählen etwa die „16 Tage gegen Gewalt“, die jährlich zwischen 25. November und 10. Dezember abgehalten werden. Zahlreiche Frauen- und Opferschutzeinrichtungen führen bundesweit Veranstaltungen wie Diskussionen, Workshops o.ä. durch.

Die Wichtigkeit von Zivilcourage bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauenwird auch von der Stadt Wien betont. Der Folder „Halt! Zu mir! Zivilcourage – Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ fordert zum „Hinschauen. Handeln. Helfen“ auf. Neben Foldern werden auch Plakate und Video-Spots in der Kampagne eingesetzt.


3.5. Daten und Forschung

Alle Staaten, welche die Istanbul-Konvention ratifiziert haben, sind verpflichtet, Statistiken zu Gewalt gegen Frauen zu führen, Ursachen wissenschaftlich zu analysieren und auf dieser Grundlage Gegenmaßnahmen zu entwickeln.

Aktuelle Forschung

Überblicksmäßig zusammengefasste Informationen zu Ursachen und Auswirkungen von häuslicher Gewalt sind nicht verfügbar. 2023 wurden sowohl eine Studie des Instituts für Konfliktforschung zu Femiziden veröffentlicht als auch die Ergebnisse einer Prävalenzerhebung zu Geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen in Österreich 2021. Derzufolge erlebten rund 16 % der Österreicherinnen im Alter von 18 bis 74 Jahren körperliche und/oder sexualisierte Gewalt in einer intimen Beziehung.

Regelmäßige Berichterstattung

Informationen über häusliche Gewalt werden regelmäßig von verschiedenen Institutionen veröffentlicht. Statistiken über die Anzahl der verhängten Annäherungs- und Betretungsverbote werden vom Bundesministerium für Inneres erstellt, ebenso wie die jährliche Polizeiliche Kriminalstatistik. Die Kriminalstatistik liefert Informationen etwa zum Geschlecht von Opfer und Täter:in, teilweise auch über die Beziehung zwischen Opfer und Täter, die aber aufgrund ihrer Struktur keinen Rückschluss auf Beziehungsgewalt erlauben.

Eine regelmäßige Berichterstattung erfolgt auch durch Opferschutz- bzw. Unterstützungseinrichtungen. Die Gewaltschutzzentren erstellen unterschiedlich detaillierte Tätigkeitsberichte, die im Internet zugänglich sind. Am ausführlichsten ist der Bericht des Gewaltschutzzentrums Wien, der auch bundesweite Statistiken enthält. Der Verein AÖF erhebt seit 2019 Informationen zu Femiziden anhand von Medienberichten. Jahresberichte über ihre Aktivitäten und Daten zu ihren Klientinnen veröffentlichen neben AÖF auch einzelne Einrichtungen wie die Frauenhäuser Wien. Es erfolgt in diesem Bereich keine zentrale Datenerhebung, da Frauenhäuser keine Angelegenheit des Bundes, sondern der Länder sind.

Weiterführende Informationen
  1. Rosa Logar “Einführung – Österreichische und internationale Maßnahmen zur Prävention von Gewalt an Frauen und ihren Kindern in der Familie.” in: Bundeskanzleramt Frauen. (2007). 10 Jahre Österreichische Gewaltschutz Gesetze. 
  2. Haller, Birgitt; Eberhardt, Viktoria; und Temel Birgitte (2023): “Untersuchung Frauenmorde – eine quantitative und qualitative Analyse” ed.: Institut für Konfliktfroschung. 
  3. Statistik Austria (2023): “Geschlechtsspezifische Gewalt Frauen in Österreich 2021”. 

Quellen

  1. https://www.ohchr.org/en/human-rights/universal-declaration/translations/german-deutsch ↩︎
  2. United Nations. 1948. Universal Declaration of Human Rights (UDHR). https://www.un.org/en/about-us/universal-declaration-of-human-rights ↩︎
  3. United Nations. 1948. Universal Declaration of Human Rights (UDHR). https://www.un.org/en/about-us/universal-declaration-of-human-rights ↩︎
  4. https://www.unwomen.org/en/how-we-work/intergovernmental-support/world-conferences-on-women ↩︎
  5. https://unwomen.de/pekinger-erklaerung/ ↩︎
  6. https://unwomen.de/wp-content/uploads/2022/03/Ergebnisse_der_4._Weltfrauenkonferenz.pdf ↩︎
  7. https://www.unwomen.org/en/news/in-focus/csw59/feature-stories ↩︎
  8. https://www.unwomen.org/en/news/in-focus/csw59/feature-stories ↩︎
  9. United Nations. 1995. Beijing Declaration and Platform for Action. https://www.un.org/womenwatch/daw/beijing/pdf/BDPfA%20E.pdf ↩︎
  10. https://www.frauenrechtskonvention.de/ ↩︎
  11. Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women (CEDAW), Art 1 ↩︎
  12. United Nations. 1979. Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women (CEDAW). https://www.ohchr.org/en/instruments-mechanisms/instruments/convention-elimination-all-forms-discrimination-against-women  ↩︎
  13. https://www.un.org/depts/german/uebereinkommen/ar48104.pdf ↩︎
  14. Declaration on the Elimination of Violence against Women (DEVAW), Art. 1. https://www.ohchr.org/en/instruments-mechanisms/instruments/declaration-elimination-violence-against-women ↩︎
  15. United Nations. 1993. Declaration on the Elimination of Violence against Women. https://www.ohchr.org/en/instruments-mechanisms/instruments/declaration-elimination-violence-against-women ↩︎
  16. https://unwomen.de/orange-the-world-2023/ ↩︎
  17. https://www.unwomen.org/en/what-we-do/ending-violence-against-women/unite ↩︎
  18. https://www.unicef.de/informieren/materialien/konvention-ueber-die-rechte-des-kindes/17528 ↩︎
  19. https://www.unicef.de/_cae/resource/blob/215434/1c096d51d045a1f7c41707f1675d850f/pdf-poster-data.pdf ↩︎
  20. https://www.behindertenrechtskonvention.info/ ↩︎
  21. Vgl. https://www.behindertenrechtskonvention.info/ ↩︎
  22. https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/uploads/media/GFK_Pocket_2015.pdf ↩︎
  23. The Global Sustainable Development Goals Report 2023, Vereinte Nationen https://sdgs.un.org/gsdr/gsdr2023 ↩︎
  24. https://unric.org/de/17ziele/ ↩︎
  25. https://17ziele.de/ ↩︎
  26. https://17ziele.de/ziele/5.html ↩︎
  27. https://www.coe.int/de/web/impact-convention-human-rights/how-it-works ↩︎
  28. https://www.echr.coe.int/documents/d/echr/Convention_DEU ↩︎
  29. https://www.coe.int/de/web/impact-convention-human-rights/#/ ↩︎
  30. https://www.coe.int/de/web/impact-convention-human-rights/-/einführung-der-prozesskostenhilfe-nachdem-eine-frau-die-unter-häuslicher-gewalt-litt-keinen-zugang-zum-recht-erhielt    ↩︎
  31. https://www.coe.int/de/web/impact-convention-human-rights/-/the-landmark-judgment-that-inspired-europe-to-act-on-violence-against-women ↩︎
  32. https://www.coe.int/en/web/impact-convention-human-rights/-/justice-for-family-of-murdered-mother-and-daughter ↩︎
  33. https://www.coe.int/en/web/impact-convention-human-rights/-/forced-sterilisation-of-roma-woman-leads-to-stricter-rules-on-consent-to-treatment ↩︎
  34. https://www.coe.int/en/web/impact-convention-human-rights/-/better-protection-for-victims-of-sexual-violence-after-police-fail-to-properly-investigate-rape-allegation ↩︎
  35. https://www.coe.int/en/web/impact-convention-human-rights/-/deadly-attack-on-woman-and-her-son-leads-to-ongoing-reforms-to-combat-domestic-violence ↩︎
  36. https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22itemid%22:[%22001-210463%22]} ↩︎
  37. https://www.coe.int/de/web/impact-convention-human-rights/convention-on-cybercrime#/ ↩︎
  38. https://www.coe.int/de/web/portal/-/enhanced-co-operation-and-disclosure-of-electronic-evidence-22-countries-sign-new-protocol-to-cybercrime-convention ↩︎
  39. https://rm.coe.int/168046e1ea ↩︎
  40. https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/europaeischer-tag-zum-schutz-von-kindern-vor-sexueller-ausbeutung-und-sexuellem-missbrauch-120428 ↩︎
  41. https://www.praeventionstag.de/nano.cms/news/details/8006 ↩︎
  42. https://www.weisser-ring.at/eu-kommission-fuer-staerkung-von-opferrechten/ ↩︎
  43. https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2021-0388_DE.html ↩︎
  44. https://unwomen.de/die-istanbul-konvention/ ↩︎
  45. https://germany.representation.ec.europa.eu/news/schluss-mit-der-gewalt-gegen-frauen-eu-tritt-istanbul-konvention-bei-2023-06-01_de ↩︎
  46. https://www.coe.int/de/web/conventions/full-list?module=signatures-by-treaty&treatynum=210 ↩︎
  47. https://www.coe.int/en/web/istanbul-convention/key-facts ↩︎
  48. https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2023/02/21/combatting-violence-against-women-council-requests-the-consent-of-the-european-parliament-to-conclude-the-istanbul-convention/ ↩︎
  49. https://rm.coe.int/leaflet-on-monitoring-in-german/168075c1a8 ↩︎
  50. https://www.bmfsfj.de/resource/blob/202386/3699c9bad150e4c4ff78ef54665a85c2/grevio-evaluierungsbericht-istanbul-konvention-2022-data.pdf ↩︎
  51. https://rm.coe.int/leaflet-on-monitoring-in-german/168075c1a8 ↩︎
  52. Umfassende Informationen und Links zu den Berichten und Stellungnahmen: https://www.coordination-vaw.gv.at/koordinierungsstelle/staatenpruefung.html#staatenpruefungoesterreich ↩︎
  53. Council of Europe. 2020. Myths and facts about the Istanbul Convention. https://rm.coe.int/ukr-2020-brochure-ic-myths-and-facts-en-25112020/1680a07ee8 ↩︎
  54. Bundesministerium für Inneres (2023): “Gewaltschutzbericht 2020 – 2022↩︎
  55. https://www.bundeskriminalamt.at/502/files/Gewaltschutz/Gewaltschutzbericht_2020-2022_20230704_webBF.pdf ↩︎
  56. Städtebund-Gleichstellungsindex 2021: https://www.staedtebund.gv.at/fileadmin/USERDATA/Service/publikationen/Studien/2021_Gleichstellungsindex_und_Analysen.pdf ↩︎
  57. BGBl. I 69/2011. ↩︎
  58. Hier finden sich weitere Informationen zu den OSG: https://toolbox-opferschutz.at/ ↩︎
  59. Dies betrifft insbesondere Opfer von körperlicher Gewalt, sexueller Gewalt und gefährlicher Drohung. ↩︎
  60. § 66b Abs.2 StPO ↩︎