Modul 1: Lehrmaterialien für den sozialen Sektor (Österreich)

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Weitere Videovorschläge

Gaslighting

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Dauer: 3:10 min

Training Videos

Exkurs – Geschlecht: Intersektionalität
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Aufgaben zum Weiterdenken
Bitte sehen Sie sich die Videos an und machen Sie sich Notizen zu den folgenden Punkten:

(1) Nennen Sie einige Beispiele für Intersektionalität.

(2) Auf welche Weise haben Sie selbst Privilegien oder Diskriminierung aufgrund Ihrer eigenen Zugehörigkeit zu verschiedenen sozialen Gruppen beobachtet oder erfahren?

(3) Überlegen Sie, wie intersektionale Diskriminierung den Zugang zu Möglichkeiten, Ressourcen und Repräsentation in verschiedenen Bereichen (z.B. Bildung, Beschäftigung, Medien, Gesundheitswesen) beeinflussen kann.

(4) Waren Sie schon einmal in einer Situation, in der Sie miterlebt haben, wie jemand aufgrund des Zusammenwirkens verschiedener Identitätsdimensionen diskriminiert wurde? Wie haben Sie reagiert und was hätten Sie anders machen können?

Häufigste Formen von häuslicher Gewalt: Gewalt durch Kontrolle (psychologische Gewalt)

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Spezielle Formen von häuslicher Gewalt: Weibliche Genitalverstümmelung/Genitalbeschneidung (FGM/C)

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Opfer von häuslicher Gewalt

Beschreibung: Dieses Video erklärt, wer die Opfer von häuslicher Gewalt sind.
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Menschen mit Behinderungen, geistigen Beeinträchtigungen und psychischen Erkrankungen

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Täter:innen von häuslicher Gewalt

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Comics

IMPROVE Comic Serie: Wie man häusliche Gewalt erkennt (englisch)

Comic 1: Gewalt durch Kontrolle (coercive control)

Comic 2: Stalking

Comic 3: Psychologische Gewalt

Comic 4: Soziale Gewalt

Comic 5: Sexualisierte Gewalt

Comic 6: Vernachlässigung

Comic 7: Sozioökonomische Gewalt

Comic 8: Gaslighting

Comic 9: Physische Gewalt

Comic 10: Digitale Gewalt

Comic 11: Verbale Gewalt

Fallstudien

Fallstudie: Gewalt gegen Ältere

Winnie, 69 Jahre alt, lebt allein in einer kleinen Stadt auf dem Land. Sie ist seit einigen Jahren Ihre Patientin. Sie hat schwere Arthritis und benötigt immer mehr Hilfe bei den Aktivitäten des täglichen Lebens. Selbst mit regelmäßigen Besuchen von Sozialdiensten kommt sie nur schwer zurecht, aber sie besteht darauf, dass sie nicht ins Altersheim gehen will.

Schließlich zieht sie zu ihrer Tochter und ihrem Mann und deren kleinen Söhnen. Die Nachbarn fangen an, sich über den Lärm zu beschweren. Seit Winnie eingezogen ist, gibt es nicht mehr viel Platz im Haus; die Kinder streiten sich öfter, schreien und spielen mehr draußen. Winnies Tochter erhält keinerlei Hilfe von ihren Schwestern. Es wird von ihr erwartet, dass sie das vermehrte Waschen, Kochen und andere Pflichten klaglos bewältigt.

Wenn Sie Hausbesuche bei Winnie machen, stellen Sie fest, dass sie Flecken und Prellungen an ihren Armen und am Oberkörper hat. Diese werden von ihrer Tochter so erklärt, dass Winnie immer ungeschickter werde und ständig irgendwo anstoße. Außerdem nehme Winnie Blutverdünner. Winnie schüttelt nur den Kopf und sagt nichts, auch wenn Sie unter vier Augen mit ihr sprechen und fragen, ob alles in Ordnung sei. Sie machen sich Sorgen, wollen aber niemanden durch falsche Anschuldigungen verärgern.

Adaptiert nach einer Fallstudie aus RACGP (2014): Abuse and Violence: Working with our patients in general practice

Weitere Aufgaben zur Reflexion
Diskutieren Sie bitte die Fallstudie:
a) Was würden Sie als Arzt oder Ärztin in dieser Situation tun?
b) Benennen Sie die Hauptrisikofaktoren, die darauf hinweisen könnten, dass Winnie unter häuslicher Gewalt leidet.

Fallstudie: Männer als Opfer

16:34 Streit auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums

Ein Aufschrei von Frau E. ist hörbar, als ihr Kopf gegen das Autodach oberhalb des Fahrereinstiegs stößt. Passanten nehmen danach einen lauten Streit und Gerangel zwischen dem Ehepaar E. wahr. Als das Ehepaar E. in den Wagen steigt, um loszufahren, blockiert eine Autofahrerin sie mit ihrem Fahrzeug. Herr E. flieht daraufhin.

16:37 Notruf in der Einsatzleitzentrale

Jemand der Umstehenden ruft die Polizei.

16:50 Eintreffen eines Funkwagens am Tatort

Die Anhörung von Frau E. und den umstehenden Zeug:innen kann den Tathergang nicht gänzlich klären. Zeug:innen äußern, Gewalt gegen Frau E. wahrgenommen zu haben. Frau E. hingegen erklärt, sie und ihr Mann hätten lediglich gestritten, woraufhin sie hektisch ins Auto gestiegen und sich dabei den Kopf verletzt habe. Sie hätten danach weiter gestritten und nach Hause fahren wollen, seien jedoch daran gehindert worden. Herr E. habe wohl aufgrund der heftigen verbalen Angriffe der Umstehenden aus Panik die Flucht ergriffen.

Die Polizisten nehmen die Aussagen und Personalien der Zeug:innen sowie von Frau E. auf. Hierbei werden Frau E. auch Fragen gestellt, die der Gefährdungseinschätzung dienen. Frau E. lehnt eine ärztliche Untersuchung ab und wird auf die Möglichkeit hingewiesen, ihre Verletzung auch in den folgenden Tagen noch rechtssicher, kostenfrei und ggf. anonym in einer Gewaltschutzambulanz dokumentieren zu lassen. Nachdem Frau E. über ihre Rechte informiert wurde, spricht einer der beiden Polizisten sensibel das Thema häusliche Gewalt an und weist sie auf die Möglichkeiten spezialisierter Beratung und den proaktiven Ansatz hin. Frau E. hört sich diese Hinweise sowie die Erläuterung polizeilicher Schutzmöglichkeiten (gerichtliche Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz, Gefährderansprache, Wegweisung, Unterbringung in einem Frauenhaus) an, bleibt jedoch dabei, zuhause sei alles in Ordnung. Sie lehnt jede Unterstützung sowie den ihr angebotenen Informationsflyer ab. Da die Gesamtumstände auf einen Fall der häuslichen Gewalt hindeuten, informieren die Polizisten Frau E. darüber, dass sie ein Ermittlungsverfahren gegen ihren Ehemann wegen Körperverletzung einleiten könne, und händigen ihr ein Merkblatt mit der Vorgangsnummer der Polizei aus das ihr die Rechte erklärt.

Frau E. tritt schließlich den Heimweg allein und aufgrund ihrer Kopfverletzung mit dem öffentlichen Nahverkehr an.

19:14 Notruf in der Einsatzleitzentrale

In der Einsatzleitzentrale geht durch Nachbarn ein Notruf wegen ruhestörenden Lärms in der Wohnung des Ehepaars E. ein.

19:35 Polizeieinsatz in der Wohnung des Ehepaares E.

Zwei Funkwagen fahren die Adresse des Ehepaares E. an, da der Einsatz am Nachmittag und die Adresse des Ehepaares E. bereits im polizeilichen System hinterlegt sind. Es besteht die Annahme, es könne ein weiterer Vorfall häuslicher Gewalt vorliegen. Die Funkwagenbesatzung stellt vor Ort fest, dass das Ehepaar E. sowie die anwesende Mutter von Frau E. alkoholisiert sind. Getrennt vernommen, bagatellisieren alle drei Beteiligten den Vorfall und erklären, sie seien darüber in Aufregung geraten, dass Herr E. am Nachmittag geflüchtet war und seine Frau mit Polizei und Kopfverletzung allein zurückgelassen habe. Da weder beim Ehepaar E. noch der Mutter von Frau E. Verletzungen sichtbar sind und keine konkreten Hinweise auf eine Straftat vorliegen, werden die Anwesenden zur Ruhe ermahnt und darauf hingewiesen, dass bei einem erneuten Polizeieinsatz eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige wegen ruhestörenden Lärms eingeleitet werde.

21:44 Notruf in der Einsatzleitzentrale

Erneut geht ein Notruf der Nachbarn wegen Ruhestörung ein. Die Nachbarn äußern: „Nebenan geht es wirklich hoch her. Die haben sich wohl mal wieder in der Wolle.“

22:10 Polizeieinsatz in der Wohnung des Ehepaares E.

Aufgrund des Verdachtsfalls, dass es sich um einen Einsatz häuslicher Gewalt handelt, rücken erneut zwei Funkwagen an. Darunter sind auch Einsatzdienstkräfte des vorherigen Einsatzes in der Wohnung der Familie E. Diese stellen fest, dass der Grad der Alkoholisierung des Ehepaars E. sowie der Mutter von Frau E. im Vergleich zum vorherigen Einsatz deutlich fortgeschrittener wirkt. Weiterhin weisen alle Anwesenden Blutspuren, Verletzungen an Händen, Armen und im Gesicht auf. Herrn E.s Verletzungen sind besonders gravierend.

Abermals werden alle drei Personen getrennt voneinander angehört, wobei Frau E. und ihre Mutter übereinstimmend erklären, dass Herr E. angefangen habe, ihnen gegenüber gewalttätig zu werden, und dass sie sich hätten wehren müssen.

Herr E. bricht gegenüber einem Beamten weinend zusammen und äußert, dass er die seit Jahren andauernde Gewalt durch seine Ehefrau und Schwiegermutter nicht mehr aushalte und er sich an diesem Abend nicht mehr anders zu helfen gewusst habe, als ebenfalls gewalttätig zu werden. Trotz seiner starken Alkoholisierung wirkt Herr E. glaubwürdig und macht schlüssige Angaben zum Tatgeschehen sowie der bisherigen Gewaltbeziehung. Herr E. wird über seine Rechte und die polizeilichen Schutzmöglichkeiten informiert. Er willigt einer Fotodokumentation durch den Beamten zu.

Frau E. und ihre Mutter werden mit den Angaben von Herrn E. konfrontiert, woraufhin sie verbal äußerst aggressiv reagieren und beide auf Herrn E. losgehen wollen, um ihm zu „zeigen, was es heißt, solche Lügen über [sie] zu verbreiten“. Weitere gewalttätige Übergriffe auf Herrn E. können durch die eingesetzte Polizeikräfte verhindert werden.

Herr E. möchte die Wohnung verlassen und kann mangels einer speziellen Unterkunft für gewaltbetroffene Männer lediglich in einer Obdachlosenunterkunft untergebracht werden. Er möchte gleich am nächsten Tag eine Beratungsstelle für männliche Opfer von häuslicher Gewalt kontaktieren und seine Verletzungen in einer Gewaltschutzambulanz dokumentieren lassen. Einer sofortigen ärztlichen Versorgung der Verletzungen stimmt er im Gegensatz zu Frau E. und ihrer Mutter zu. Zur Versorgung seiner Verletzungen wird Herr E. durch einen Rettungswagen der Feuerwehr in das nächstgelegene Krankenhaus gefahren. Von dort aus begibt er sich eigenständig in die Notunterkunft. Auf eine Gefährderansprache bei Frau E. und ihrer Mutter wird aufgrund ihres Grades der Alkoholisierung verzichtet. Diese wird am nachfolgenden Tag durch die zuständige Polizeidienststelle durchgeführt. Abermals beteuern beide Frauen, dass sie sich lediglich gegen die Angriffe von Herrn E. „wehren mussten“. Im Ergebnis schätzt die Polizei die Gefährdung von Herrn E., erneut von gewalttätigen Übergriffen durch seine Ehefrau und deren Mutter ausgesetzt zu sein, als sehr wahrscheinlich ein.

In den folgenden Tagen und Wochen:

Im Rahmen der weiteren Ermittlungen werden die Zeug:innen der ersten Auseinandersetzung auf dem Parkplatz und ein Nachbar der Familie E. von der Polizei vernommen. Herr E. macht eine umfangreiche Aussage bei der Polizei, in der er nochmals die Entwicklung und sukzessive Zunahme der Gewalt gegen ihn sowie seine Angst vor „Entdeckung“ der Gewaltbeziehung schildert. In die Ermittlungen fließt auch die rechtsmedizinische Anamnese der Gewaltschutzambulanz ein, welche den durch Herrn E. geschilderten Tatablauf untermauert. Frau E. und ihre Mutter machen lediglich Aussagen zu der Strafanzeige wegen Körperverletzung gegen Herrn E. Hierbei bleiben sie bei ihren ursprünglichen Aussagen, dass Herr E. die Ursache für die Gewalteskalation gesetzt habe, verstricken sich jedoch in Widersprüche, welche dokumentiert werden. Bezüglich der Strafanzeige wegen schwerer Körperverletzung gegen Herrn E. machen beide von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

Herr E. lässt sich von einer spezialisierten Beratungsstelle für männliche Opfer von häuslicher Gewalt beraten und erwirkt eine Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG). Ihm wird die alleinige Nutzung der ehelichen Wohnung zugesprochen.

Die polizeilichen Ermittlungen werden nach vier Wochen mit dem Ergebnis abgeschlossen, dass Herr E. offenbar jahrelanger Gewalt durch seine Ehefrau und deren Mutter ausgesetzt war. Beide Vorgänge werden zur weiteren Entscheidung der Spezialabteilung für Fälle häuslicher Gewalt der Amtsanwaltschaft übersandt.

Aufgabe zur Reflexion

(1) Überprüfen Sie Ihre eigenen Einstellungen und Überzeugungen gegenüber männlichen Opfern von häuslicher Gewalt. Denken Sie über mögliche Vorurteile nach und überlegen Sie, wie Sie den Opfern mehr Unterstützung und Einfühlungsvermögen entgegenbringen können.

(2) Analysieren Sie kulturelle Normen und Überzeugungen in Bezug auf Männlichkeit und wie diese Normen und Überzeugungen männliche Opfer davon abhalten könnten, häusliche Gewalt anzuzeigen oder Hilfe zu suchen. Überlegen Sie, wie Geschlechterstereotypen die Unterstützung für männliche Opfer erschweren, in Frage stellen und neu definieren können.

(3) Diskutieren Sie, inwiefern andere Identitäten wie ethnische Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung und sozioökonomischer Status bei männlichen Opfern von häuslicher Gewalt eine Rolle spielen könnten.

Fallstudie: Opfer mit Migrationshintergrund

Nora ist eine 34-jährige Frau mit Migrationshintergrund. Sie lebt seit drei Jahren mit ihren Eltern und Schwestern in Ihrem Land. Nora hat vor zwei Jahren Peter geheiratet. Peter ist der Sohn eines Familienfreundes von Noras Eltern. Noras Familie stammt aus einer patriarchalischen Kultur, in der die Gemeinschaft über dem Individuum steht. Noras Heirat mit Peter war eine Erleichterung für Noras Familie, denn in ihrer Kultur sollte eine Frau in Noras Alter nicht unverheiratet sein. Doch schon bald nach der Heirat begann Peter ihr tägliches Verhalten zu kontrollieren. Peter lässt Nora weder ihre Freunde sehen noch darf sie irgendwo ohne ihn hingehen.

Ein verpflichtender Sprachkurs ist der einzige Ort, an den Nora allein hin gehen kann.
Peter nimmt Nora ihre Kreditkarte weg und unter ihrem Namen Kredite auf. Als Nora versucht, sich zu wehren, wird Peter gewalttätig und misshandelt sie. Peter droht damit, Nora in ihr Heimatland zurückzuschicken.

Nora berichtet ihren Eltern von der Situation und bittet sie um Hilfe. Zunächst nehmen die Eltern Peters gewalttätiges Verhalten ernst, doch plötzlich verstirbt Noras Vater. Noras trauernde Mutter ist nicht in der Lage, sich allein gegen Peters Willen zu wehren.

Gleichzeitig streut Peter Gerüchte über Noras unmoralisches Verhalten, um seine gewalttätigen Handlungen vor der Gemeinschaft zu rechtfertigen. Die Gerüchte demütigen Noras Familie. Die Gemeinde setzt Noras Mutter und die Familien ihrer Schwestern unter Druck, ihren Namen reinzuwaschen.

Noras Mutter bittet Nora, bei Peter zu bleiben, um die Situation zu beruhigen, und ihre Schwestern bitten sie, ihre Mutter nicht mehr mit diesem Thema zu belästigen. Nora fühlt sich für die Gewalt und den Ruf ihrer Familie verantwortlich und akzeptiert, dass eine Scheidung von Peter nicht in Frage kommt.

Mit der Zeit wird die Gewalt immer schlimmer und häufiger. Einmal würgt Peter Nora so lange, dass sie das Bewusstsein verliert. Nach der Strangulation beginnt sie, vor allem in Stresssituationen, Probleme mit der Sprache zu entwickeln. Nora fühlt sich isoliert, hilflos und deprimiert.

Peter hat damit gedroht, einige private Bilder von Nora öffentlich zu zeigen, wenn Nora „seinen Ruf als Ehemann ruiniert“. Nora ist verunsichert, da sie mit niemandem – auch nicht mit ihrer Familie – über ihre Gefühle sprechen kann.

Aufgabe zur Reflexion

(1) Welche Arten von häuslicher Gewalt erlebt Nora?
(2) Welche Handlungen, Situationen oder Bedingungen gefährden Nora?
(3) Welche der in der Geschichte beschriebenen Situationen halten Sie zwar nicht angenehm für Nora, aber nicht zu ihrem Aufgabenbereich als Ersthelfer oder als Ersthelferin gehörend?

Fallstudie: Häusliche Gewalt schadet auch Kindern

Gabby heiratete nach einer langen Beziehung ihren Ehemann Nick und zog kurz darauf auf den Bauernhof ihres Mannes um. Das Paar war auf dem Bauernhof glücklich und bekam bald sein erstes Kind. Während der Schwangerschaft begann sich Nicks Verhalten zu ändern, und als die Tochter der beiden geboren wurde, „fühlte“ sich die Beziehung nicht mehr an wie zuvor. Nick wirkte zurückgezogen und verbrachte viel Zeit allein. Er begann, Gabby an Nicks Vater zu erinnern, der Nick gegenüber immer sehr streng gewesen war.

Nicks Verhalten wurde bedrohlich und kontrollierend, insbesondere in Bezug auf Geld und soziale Kontakte. Er wurde bei Auseinandersetzungen zunehmend aggressiv, schrie oft und warf Gegenstände durch den Raum. Gabby dachte, da er sie nicht körperlich verletze, stelle sein Verhalten keinen Missbrauch dar. Nick zeigte kein großes Interesse an der Tochter Jane – außer in der Öffentlichkeit, wo er ein vernarrter und liebevoller Vater zu sein schien.

Jane war im Allgemeinen ein wohlerzogenes Kind, aber Gabby stellte fest, dass sie sie nicht bei jemand anderem lassen konnte. Jane weinte und verzweifelte sichtlich, wenn Gabby sie jemand anderem übergab. Das war für Gabby belastend und bedeutete auch, dass ihre sozialen Aktivitäten weiter eingeschränkt wurden.

Jane brauchte lange Zeit, um zu krabbeln, zu gehen und zu sprechen. Ihr Schlafmuster war unregelmäßig, und Gabby schlief nachts oft nicht durch, selbst als Jane über 12 Monate alt war. Als Jane zu sprechen begann, entwickelte sie ein Stottern, das ihre Sprachentwicklung weiter behinderte. Gabby machte sich große Sorgen um Jane. Ihr Hausarzt sagte ihr, dass das vorkommen könne und normal sei und dass sie, wenn die Sprachprobleme fortbestünden, Jane jederzeit zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Spezialisten schicken könne.

Nach einigen Jahren wurde Nicks Verhalten für Gabby inakzeptabel. Während der Auseinandersetzungen nahm er nun oft das Gewehr, das er für die Jagd gekauft hatte, in die Hand. Gabby empfand dies als sehr bedrohlich. Bei einer Reihe von Gelegenheiten wurde Gabby von Gegenständen, die Nick warf, getroffen, und sie hatte zunehmend Angst um ihre Tochter. Gabby beschloss, das Haus zu verlassen, und wandte sich an die örtliche Frauenberatungsstelle, die ihr half, ein Annäherungsverbot gegen Nick zu erwirken.

Nachdem Jane keinen Kontakt mehr zu Nick hatte, änderte sich ihr Verhalten. Janes Entwicklung schien sich zu beschleunigen, und Gabby konnte zuerst nicht verstehen warum. Im Rahmen ihrer Beratung bei einer örtlichen Beratungsstelle erörterte sie dieses Thema, und ihre Beraterin erklärte ihr, dass die Entwicklungsverzögerung, das Stottern, die Irritation und die Trennungsangst bei Jane daher gerührt hätten, dass sie in einer missbräuchlichen Situation gelebt habe.

Aufgabe zur weiteren Reflexion

(1) Was hätten der Hausarzt oder die Hausärztin besser machen können?
(2) Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um zu überlegen, an welchen Stellen und welche Fachkräfte möglicherweise an der Unterstützung und/oder Bereitstellung von Diensten für Opfer von häuslicher Gewalt hätten früher beteiligt werden müssen.

Adaptiert nach einer Fallstudie aus RACGP (2014): Abuse and Violence: Working with our patients in general practice

Weiteres Material für Trainer:innen
Überprüfung des Kenntnisstandes: Abschlussprüfung

Abschlussprüfung zur Bewertung der Kenntnisse nach Bearbeitung von Modul 1.

Beschreibung: „auf Eierschalen gehen“ ist ein Kurzfilm über häusliche Gewalt bei älteren Menschen. Eine deutscher Untertitel kann unter „Einstellungen“ im Video hinzugefügt werden.
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Zu erledigende Aufgaben:

Bitte sehen Sie sich das Video an und beantworten Sie die folgenden Fragen:
(1) Nennen und beschreiben Sie alle Formen häuslicher Gewalt, die in dem Video gezeigt werden und wie das Opfer die einzelnen Formen erlebt hat.
(2) Nennen Sie Beispiele für den „Kreislauf der Gewalt“ die in dem Video deutlich werden.
(3) Nennen Sie die im Video dargestellten Gründe, warum das Opferder Gewalt nicht entkommen ist.


Weitere Lehrmaterialien

Quiz: Formen und Dynamiken häuslicher Gewalt


Quiz: Geschlechtsbezogene Gewalt