Modul 9: Selbstfürsorge (Österreich)

1. Die Bedeutung von Selbstfürsorge
2. Strategien für eine bessere Selbstfürsorge
3. Stress
4. Burnout-Syndrom
5. Sekundäre Traumatisierung

Quellen

Einleitung
Willkommen zu Modul 9 über „Selbstfürsorge“. Dieses Modul ist für das Selbststudium gedacht. Sie können in Ihrem eigenen Tempo daran arbeiten und selbst entscheiden, welche Übungen am besten zu Ihren Bedürfnissen passen. Sie können jederzeit pausieren und später fortfahren.
Die Arbeit mit den Betroffenen von häuslicher Gewalt stellt die Ersthelfenden vor erhebliche Herausforderungen, die oft zu Stress, Anspannung und emotionaler Belastung führen. Bei unzureichender Bewältigung können diese zu Burnout oder Trauma führen. Daher ist es wichtig, das Bewusstsein für diese Herausforderungen zu schärfen und Strategien zu entwickeln, um diese zu bewältigen. Das Wohlbefinden der Ersthelfenden ist ebenso wichtig wie das Wohlbefinden der von Gewalt Betroffenen. Trotz der wichtigen Bedeutung dieses Themas gibt es nur wenige Studien, die den durch die Arbeit mit Betroffenen von häuslicher Gewalt verursachten Stress untersuchen.
Modul 9 beschäftigt sich mit den gesundheitlichen Risiken, die mit Burnout und Traumata zusammenhängen. Es bietet praktische Bewältigungsstrategien, zeigt aber auch, wann es sinnvoll ist, sich professionelle Hilfe zu holen. Das Modul soll Fachkräfte in die Lage versetzen, schwierige Situationen zu meistern und gleichzeitig sicherzustellen, dass sie ihre Selbstfürsorge nicht aus dem Blick verlieren.

Lernziele
+ Verstehen der Bedeutung von Selbstfürsorge
+ Entwicklung praktischer Fähigkeiten zur Umsetzung von Selbstfürsorgeroutinen und -strategien
+ Verstehen, warum Ersthelfende, die mit Betroffenen von häuslicher Gewalt arbeiten, einem hohen Risiko von Burnout und Traumata ausgesetzt sind
+ Kennenlernen von Risikofaktoren für die Entstehung von Burnout und Traumata im Kontext häuslicher Gewalt
+ Verstehen der Anzeichen und Symptome von Stress, Burnout und Traumata


1. Die Bedeutung von Selbstfürsorge

Die Arbeit mit Menschen, die häusliche Gewalt erlebt haben, kann eine große psychische Herausforderung sein. Es ist ganz normal, dass man bei der Arbeit mit den Betroffenen eine Reihe von unterschiedlichen Gefühlen erlebt. Sich der möglichen Auswirkungen auf das eigene Wohlbefinden bewusst zu sein und Schritte zu unternehmen, um die negativen Auswirkungen zu minimieren, sind wichtige Strategien der Selbstfürsorge.

Selbstfürsorge kann definiert werden als die Fähigkeit von Einzelpersonen, Familien und Gemeinschaften durch Präventionsmaßnahmen Krankheiten vorzubeugen und die eigene Gesundheit zu erhalten, sowie mit Krankheit und Behinderung in Form von Akzeptanz und ohne Resignation zurechtzukommen.1


Ersthelfende spielen eine wichtige Rolle bei der emotionalen Unterstützung von Gewaltbetroffenen, der Verbesserung ihrer Sicherheit und der Bereitstellung von Rechtsbeistand. Sie sind regelmäßig mit unvorhersehbaren und komplexen Situationen konfrontiert und sehen sich bei der Unterstützung der betroffenen Personen einer Reihe von Herausforderungen gegenüber.2

Bitte klicken Sie auf die Kreuze, um weitere Informationen zu den Gedanken, Reaktionen und Gefühlen von Ersthelfenden zu erhalten.


Betroffene von häuslicher Gewalt bleiben sehr oft in missbräuchlichen Beziehungen und finden es aus verschiedenen Gründen schwierig sich helfen zu lassen, unter anderem auch aus dem Gefühl heraus, keine Unterstützung zu erhalten. Dies kann für Ersthelfende anstrengend, frustrierend und schwer zu bewältigen sein, die für Betroffene jedoch oft die erste und einzige Anlaufstelle sind.3

Als Fachkraft, die mit Betroffenen von häuslicher Gewalt arbeitet, ist es wichtig, Frustrationen anzusprechen, wenn sie auftreten, und dabei die folgenden Punkte zu berücksichtigen:

  • Machen Sie sich frühzeitig klar, dass Betroffene den/die Täter:in möglicherweise nie verlassen werden.
  • Machen Sie sich bewusst, dass der Ausstieg ein Prozess und kein Ereignis ist – die Zeitspanne zwischen dem Beginn des Missbrauchs und dem Ausstieg kann Jahrzehnte dauern.
  • Erinnern Sie sich daran, dass es in der Verantwortung von Betroffenen selbst liegt, den Täter oder die Täterin zu verlassen, nicht in Ihrer.
  • Informieren Sie sich so gut wie möglich darüber, welche Ansprechpartner:innen und Strukturen auf lokaler Ebene in Bezug auf häusliche Gewalt vorhanden sind. Sie sollten zumindest die Hilfsdienste für häusliche Gewalt in Ihrer Region kennen, damit Sie Betroffenen genaue Informationen geben können.
  • Glauben Sie nicht, dass Sie alles über häusliche Gewalt wissen müssen, was es zu wissen gibt. Es ist besser, zuzuhören und Unterstützung und Kontaktdaten einer externen Unterstützungseinrichtung mitzuteilen, als überhaupt nicht darüber zu sprechen.
  • Achten Sie auf Ihr eigenes Sicherheitsbedürfnis. Sollte es zu einem Vorfall kommen in der Gewalt im Spiel war, vereinbaren Sie eine Nachbesprechung mit dem Personal. Gewalt betrifft jeden Menschen anders.
  • Halten Sie für alle Mitarbeitenden die örtlichen Kontaktdaten für die Unterstützung bei häuslicher Gewalt bereit.
  • Achten Sie auf sich selbst. Der professionelle Umgang mit den Auswirkungen häuslicher Gewalt kann persönliche Probleme an die Oberfläche bringen, insbesondere wenn Sie selbst Missbrauch erleben oder erlebt haben.

2. Strategien für eine bessere Selbstfürsorge

Wenn wir auf Stressphasen vorbereitet sind, können wir sie leichter durchstehen, und wenn wir wissen, wie wir unser Wohlbefinden verbessern können, können wir uns nach einem stressigen Ereignis besser erholen. Resilienz bezieht sich auf unsere Fähigkeit, Stress zu bewältigen. Sie ist der Prozess und das Ergebnis der erfolgreichen Anpassung an schwierige oder herausfordernde Lebenserfahrungen durch mentale, emotionale und verhaltensbedingte Flexibilität und Anpassung an externe und interne Anforderungen. Eine Reihe von Faktoren trägt dazu bei, wie gut sich Menschen an Widrigkeiten anpassen, vor allem (a) die Art und Weise, wie der Einzelne die Welt sieht und mit ihr umgeht, (b) die Verfügbarkeit und Qualität sozialer Ressourcen und (c) spezifische Bewältigungsstrategien.4

Es gibt Maßnahmen, die man einsetzen kann, um die Widerstandskraft gegen Stress zu stärken. Es gibt aber auch Faktoren, die es erschweren, resilient zu sein, z. B. Diskriminierung oder mangelnde Unterstützung.5


Aktivitäten, die die Selbstfürsorge stärken, sind die Dinge, die Sie tun, um Ihre Gesundheit zu erhalten und Ihr Wohlbefinden zu verbessern. Sie werden feststellen, dass Sie viele dieser Aktivitäten bereits als Teil Ihrer normalen Routine durchführen. In diesem Selbsttest werden Sie darüber nachdenken, wie häufig Sie die Aktivitäten, die für die Selbstfürsorge förderlich sind, ausüben. Das Ziel des Tests ist es, Ihnen dabei zu helfen, mehr über Ihre Selbstfürsorgebedürfnisse zu erfahren, indem Sie Muster und Bereiche in Ihrem Leben erkennen, die mehr Aufmerksamkeit benötigen.

Bei dieser Bewertung gibt es keine richtigen oder falschen Antworten. Es kann sein, dass es Aktivitäten gibt, an denen Sie nicht interessiert sind, und dass Aktivitäten, die sie ausüben, nicht enthalten sind. Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern dient als Ausgangspunkt, um über Ihre Selbstfürsorgebedürfnisse nachzudenken.6,7

Bewerten Sie sich selbst anhand der numerischen Skala:

5 = Häufig, 4 = Gelegentlich, 3 = Manchmal, 2 = Nie, 1 = Es kam mir nie in den Sinn

Wie oft üben Sie die folgenden Aktivitäten aus?

Körperliche Selbstfürsorge
  • Regelmäßig essen (Frühstück, Mittag- und Abendessen)
  • Gesunde Ernährung
  • Sport treiben, spazieren gehen, gärtnern, im Fitnessstudio trainieren, Gewichte heben, Kampfsport betreiben
  • Regelmäßige ärztliche Betreuung zur Vorbeugung
  • Freinehmen bei Krankheit
  • Ausüben von körperlichen Aktivitäten, die Spaß machen
  • Zeit für Ihre Sexualität
  • Ausreichender Schlaf
  • Ausreichender Urlaub, Durchführen von Tagesausflügen oder Mini-Urlauben
  • Pause von stressigen Technologien (z. B. Smartphones, E-Mail, soziale Medien)
Psychologische Selbstfürsorge
  • Zeit für Selbstreflexion nehmen und Tagebuch führen
  • Literatur lesen, die nichts mit der Arbeit zu tun hat
  • Verringerung von Stress im Leben
  • Sich mit dem eigenen „selbst“ beschäftigen (z. B. Träume, Gedanken, Bilder, Gefühle)
  • Etwas Neues tun (z. B. Besuch eines Kunstmuseums, einer Aufführung, einer Sportveranstaltung oder eines anderen kulturellen Ereignisses) und neugierig bleiben
  • „Nein“ sagen zu zusätzlichen Verpflichtungen
  • Zeit in der Natur verbringen
  • Sich bei Bedarf professionelle psychologische Hilfe suchen
Emotionale Selbstfürsorge
  • Zeit mit Menschen verbringen, deren Gesellschaft gut tut
  • Mit wichtigen Menschen im Leben in Kontakt bleiben
  • Sich selbst mit Nachsicht behandeln (z. B. durch einen unterstützenden inneren Dialog oder Selbstgespräche)
  • Auf sich stolz sein
  • Die eigenen Lieblingsbücher lesen oder sich die eigenen Lieblingsfilme ansehen
  • Aktivitäten ausüben, Menschen, Beziehungen oder Orte aufsuchen
  • Sich trauen zu weinen
  • Dinge finden, die einen zum Lachen bringen
  • Wut und Ärger auf konstruktive Weise ausdrücken
Spirituelle Selbstfürsorge
  • Zeit für Reflexion, Meditation und/oder Gebet nehmen und/oder sich einer spirituellen Gemeinschaft oder Gruppe anschließen
  • Zeit in der Natur verbringen
  • Sich der nicht greifbaren, nicht materiellen Aspekte des Lebens bewusst sein
  • Darüber nachdenken, was wirklich von Bedeutung ist und welchen Platz es im Leben einnimmt
  • Meilensteine mit Ritualen, die für einen von Bedeutung sind, feiern
  • Ehrenamtliche Projekte unterstützen oder ehrenamtlich mitarbeiten
  • Inspirierende Literatur lesen und /oder inspirierende Musik hören
Berufliche Selbstfürsorge
  • Zeit für das Mittagessen nehmen
  • Zeit für ein Gespräch mit Kolleg:innen nehmen
  • Zeit für die Erledigung von Aufgaben nehmen
  • Sich mit Projekten oder Aufgaben identifizieren, die spannend, wachstumsfördernd und lohnend sind
  • Kolleg:innen und Betroffenen von Gewalt gegenüber Grenzen setzen
  • Arbeitsbelastung so „dosieren“, damit Sie nicht „ausbrennen“; Bedürfnisse entsprechend verhandeln
  • Arbeitsbereich so einrichten, dass er bequem und angenehm ist
  • Unterstützungsgruppe bilden oder regelmäßig Supervision oder Beratung in Anspruch nehmen


Tipps zum Erhalt des Wohlbefindens am Arbeitsplatz8
  • Wenden Sie sich an jemanden. Dies kann Ihr:e Vorgesetzte:r, ein:e vertrauenswürdige:r Freund:in oder Kollege:in, ein:e Berater:in oder eine andere unterstützende Person sein.
  • Finden Sie einen Weg, sich körperlich oder geistig zu entspannen, z. B. durch Ausruhen, Lesen, freie Tage, Urlaub, Spaziergänge, Treffen mit Freund:innen, Spaß haben, Dinge tun, die Sie zum Lachen bringen, mit Kindern und Haustieren spielen und kreative Aktivitäten.
  • Nehmen Sie Ihre geplanten Arbeitspausen, Wochenenden und Jahresurlaube.
  • Überprüfen Sie Ihren Arbeitsplatz, um sicherzustellen, dass er dem Wohlbefinden förderlich ist.
  • Versuchen Sie, sich von der Institution oder den Unternehmensmitgliedern geforderten Arbeit, die über Ihre Arbeitsaufgaben hinausgeht, abzugrenzen.
  • Kommunizieren Sie aktiv mit Ihrer Institution oder den Mitgliedern Ihres Unternehmens über Ihre persönliche und berufliche Situation und stellen Sie individuelle oder kollektive Forderungen, die Sie für fair halten.
  • Seien Sie freundlich und unterstützend zu Ihren Kollegen:innen und feiern Sie Erfolge.
  • Üben Sie Selbstmitgefühl. Wenn Sie Zeug:in von Missbrauch und Gewalt werden, sollten Sie daran denken, dass eine emotionale Reaktion auch eine menschliche ist. Es ist zwar wichtig, im Umgang mit Betroffenen von Gewalt professionelle Gelassenheit zu bewahren, doch sind emotionale Reaktionen im Zusammenhang mit Missbrauch und Gewalt natürlich und angemessen. Bleiben Sie in Kontakt mit Ihren Gefühlen und zeigen Sie Selbstmitgefühl, damit Sie belastbar bleiben und Ihre Arbeit fortsetzen können.

Die folgenden Strategien werden empfohlen, um die Selbstfürsorge am Arbeitsplatz zu verbessern.9

Bitte klicken Sie auf die Kreuze, um weitere Informationen zu erhalten.

Sie können diese spezifischen Strategien nutzen, um Ihre Selbstfürsorge zu verbessern.10

Bitte Sie um Hilfe, wenn Sie diese benötigen.

Um Unterstützung zu bitten, kann nicht nur dazu beitragen, das eigene emotionale Wohlbefinden zu schützen, sondern auch dazu, dass man sich bei der Arbeit glücklicher und effektiver fühlt.

Eine der häufigsten Ursachen für eine sekundäre Traumatisierung ist eine zu lange Zeit, die man mit Menschen verbringt, die ein Trauma erleben. Es ist sehr wichtig, wie die Arbeit innerhalb einer Organisation unter den Mitarbeitenden aufgeteilt wird.

Weitere Informationen darüber, wie Organisationen ihre Mitarbeitenden besser unterstützen können, finden sich weiter unten unter „Was Führungskräfte und Organisationen tun können“.

Sich eine Auszeit nehmen

Es gibt viele Möglichkeiten, sich eine Auszeit zu nehmen. Es ist unwichtig, was man tut, solange es einem die Möglichkeit gibt, sich zu entspannen und neue Energie zu tanken.

  • Sich Zeit nehmen (körperlich oder geistig, Filme, Bücher, Urlaub)
  • Sich Ruhezeiten gönnen (Auszeiten ohne bestimmtes Ziel oder Zeitbegrenzung)
  • Gelegenheiten nutzen sich mit etwas Positivem zu beschäftigen (positive Gefühle entwickeln, Dinge tun, die zum Lachen oder Lächeln bringen, an kreativen Aktivitäten teilnehmen, mit Kindern spielen)
Realistische Erwartungen haben

Wenn man anspruchsvolle Arbeit leistet oder Menschen unterstützt, die viel von einem brauchen, kann es leicht passieren, dass man sich zu viel zumutet. Man sollte nie vergessen, dass man auch nur ein Mensch ist und man lernen sollte „nein“ zu sagen.

  • Auf die Erwartungen, die man an sich selbst stellt, achten – sind diese realistisch?
  • Akzeptanz, dass man bei anspruchsvoller Arbeit wahrscheinlich bis zu einem gewissen Grad an seine Grenzen kommen kann
  • Konzentration auf die Dinge, die man unter Kontrolle haben kann
  • Aktives Lösen von schwierigen Problemen und diese nicht aussitzen
  • Regelmäßig Pausen einlegen (an jedem Arbeitstag, sowie längere Pausen an Wochenenden und im Urlaub)
  • Sich selbst und die Reaktionen auf stressige Situationen versuchen zu verstehen, einschließlich der Frage, wie Stereotypen über den eigenen Beruf und die eigenen Erwartungen beeinflussen können
Weiterqualifizierung und Unterstützung suchen

Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und ein kooperatives, unterstützendes Arbeitsumfeld sind der Schlüssel zu einer guten Arbeit. Die richtigen Fähigkeiten für die Arbeit zu haben, hilft auch Stress zu bewältigen. Es gibt viele Möglichkeiten die eigenen Fähigkeiten zu verbessern, ohne, dass eine formale Ausbildung erforderlich ist.

  • Über das Thema „sekundäres Trauma“ lesen oder eine Fortbildung dazu machen
  • Um Unterstützung durch Kolleg:innen bitten
  • Um regelmäßige professionelle Supervision bitten
  • Nach Abwechslung bei der Arbeit bitten, verschiedene Aufgaben ausprobieren
  • Berufliche Netzwerke und Beziehungen aufbauen
Gleichgewicht und Sinn finden

Es ist wichtig, ein Gleichgewicht in seinem Leben aufrechtzuerhalten: die Dinge im Blick zu behalten, kann dazu beitragen, dass man sowohl in seinem Berufs- als auch in seinem Privatleben belastbarer und zufriedener wird. Diese einfachen Maßnahmen können einen großen Einfluss darauf haben, wie man sich fühlt.

  • Auf ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben achten sowie auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den verschiedenen Aufgaben, die man in der Arbeit zu erledigen hat
  • Die Bedeutung und den Wert der eigenen Arbeit nicht aus dem Blick verlieren
  • Achtsam sein und das Schätzen von kleinen Dingen (zum Beispiel einen guten Kaffee, eine Umarmung)
  • An wichtige Ereignisse mit Ritualen oder Traditionen erinnern
  • Mit wichtigen Menschen in Verbindung bleiben
  • Konzentration darauf, sein Bestes zu geben, anstatt nur bestimmte Ziele zu verfolgen, die erreicht werden müssen
  • Erkennen und Hinterfragen von aufkommenden zynischen Gedanken
  • Nach Stärken und Erfolgen suchen (sowohl bei sich selbst als auch bei anderen und bei der Arbeit)
  • Aktivitäten überlegen, die das eigene persönliche Wachstum fördern (z. B. kreative Aktivitäten, Tagebuchführung, Achtsamkeit)
  • Herausfinden, was einen spirituell (Natur, religiöser Glaube, Gemeinschaft und Familie) stärkt und diese Dinge regelmäßig tun
  • Aufschreiben von drei Dingen am Ende eines jeden Tages für die man dankbar ist, oder drei Dinge, die an diesem Tag gut gelaufen sind und warum sie wichtig sind
Was Führungskräfte und Organisationen tun können

Der Umgang mit dem Risiko von Burnout und sekundärer Traumatisierung ist ein wichtiger Bestandteil der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz in einer Organisation. Es gibt praktische und wichtige Dinge, die Führungskräfte tun können, um das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden zu fördern.11

Zwei der wichtigsten Faktoren, die Burnout und sekundäre Traumatisierung verhindern können, sind:

  • Wie die Arbeit verteilt wird
  • Die Unterstützung, die Fachkräfte bei der jeweiligen Arbeit erhalten

Eine Unterstützung durch das Management könnte folgendermaßen stattfinden:

  • Regelmäßige Supervisionsangebote und Nachbesprechungen
  • Dienstpläne mit wechselnden Terminen, die darauf abzielen, die ständige Exposition gegenüber stressigen Umgebungen zu minimieren
  • Änderungen in der Arbeitsverteilung, z. B. die Übertragung von Aufgaben, die nicht direkt mit der Arbeit mit von Gewalt betroffenen Personen verbunden sind
  • Einrichtung eines jährlichen Rotationssystems weg von Stellen, die die Arbeit mit von Gewalt betroffenen Personen beinhalten und hin zu Stellen, die, z. B. Lehrtätigkeiten oder vor allem Verwaltungsaufgaben beinhalten
  • Berufliche Weiterbildungsmöglichkeiten wie Workshops zu häuslicher Gewalt, Burnout oder sekundärer Traumatisierung
  • Bereitstellung von Weiterbildungsangeboten oder Studienzeiten – dies kann dazu beitragen, die Auswirkungen von sekundärer Traumatisierung zu verringern, und den Fachkräften das Gefühl geben, dass ihre Arbeit und ihre Fähigkeiten geschätzt werden
  • Verbesserte kooperative Praxis und behördenübergreifendes Fallmanagement, damit Fachkräfte nicht das Gefühl haben, sie seien die Einzigen, die mit der Sicherheit einer von Gewalt betroffenen Person oder einer Familie arbeiten bzw. dafür verantwortlich sind
  • Förderung von Selbstfürsorge, Auszeiten, Mittagspausen und anderen Praktiken zum Auftanken

Organisationen sollten über folgende Strategien und Verfahren verfügen:

  • Unterstützung der Sicherheit von Fachkräften in der täglichen Praxis
  • Dokumentation und Nachbesprechung meldepflichtiger und kritischer Vorfälle
  • Bedenken über Fehlverhalten, Mobbing und unzureichende Dienstleistungsqualität ansprechen

Angesichts der hohen Prävalenz von häuslicher Gewalt weltweit ist es sehr wahrscheinlich, dass es am Arbeitsplatz Menschen gibt, die in der Vergangenheit oder gegenwärtig häusliche Gewalt erlebt haben oder erleben. Daher sind spezielle Arbeitsplatzrichtlinien erforderlich, die diese Realität anerkennen und vertrauliche Unterstützungsstrategien beinhalten.


Entspannungstechniken sind hilfreiche Instrumente zur Stressbewältigung und zur Förderung der langfristigen Gesundheit, indem sie den Körper entschleunigen und den Geist zur Ruhe bringen. Im Folgenden finden Sie drei Entspannungstechniken, die Ihnen helfen können, Ihre stressbedingten Symptome zu verringern und ein besseres Gefühl der Kontrolle und des Wohlbefindens in Ihrem Leben zu erlangen12:

Atemübungen

Atemübungen sind der einfachste Weg zur inneren Ruhe. Schon 15 Minuten täglich können zu einer deutlichen Verringerung von stressbedingten Symptomen führen. Die Atmung ist eine Funktion, die sowohl vom willkürlichen als auch vom unwillkürlichen Nervensystem gesteuert wird und eine Brücke zwischen unserem inneren und äußeren Selbst bildet. Um diese Technik anzuwenden, atmen Sie mehrmals tief ein und entspannen Sie Ihren Körper mit jedem Atemzug weiter.

Zwerchfell-Atmung

Bei dieser Übung wird das Zwerchfell (der wichtigste Muskel der Atmung) beansprucht, was den Luftstrom in der Lunge verbessert.

Ist hier kein Video zu sehen, bitte einen anderen Browser verwenden oder hier klicken: https://youtu.be/_7v8fW-jusI.

Quadrat-Atmung

Auch bekannt als Box-Atmung oder 4×4-Atmung. Diese Technik ist die einfachste Form des achtsamen Atmens und zielt darauf ab, die Atmung in nur wenigen Minuten wieder in einen normalen Rhythmus zu bringen.

Ist hier kein Video zu sehen, bitte einen anderen Browser verwenden oder hier klicken: https://youtu.be/Xav39_L0-3g.
Progressive Muskelentspannung13,14,15

Eine der beliebtesten und sehr einfach anzuwendenden Methode zur Entspannung ist die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen. Dieser Ansatz ist nützlich, um den Körper zu entspannen, wenn die Muskeln angespannt sind. Der Schlüssel liegt darin, sich der Anspannung und des entsprechenden Entspannungszustands in jeder einzelnen Muskelgruppe des Körpers bewusst zu werden. Spannen Sie zunächst eine Gruppe von Muskeln an, so dass sie fest kontrahiert sind. Halten Sie die Muskeln einige Sekunden lang in einem Zustand extremer Anspannung. Dann lassen Sie die Muskeln normal entspannen. Danach entspannen Sie die Muskeln bewusst noch weiter, so dass Sie so entspannt wie möglich werden. Wenn Sie Ihre Muskeln zuerst anspannen, werden Sie feststellen, dass Sie Ihre Muskeln besser entspannen können, als wenn Sie einfach versuchen würden, die Muskeln direkt zu entspannen.

Experimentieren Sie mit dieser Methode, indem Sie eine Faust bilden und Ihre Hand für einige Sekunden so fest wie möglich zusammenpressen. Entspannen Sie Ihre Hand wieder, und entspannen Sie sie dann bewusst wieder, bis sie so locker wie möglich ist. Nach dieser Übung sollten Sie eine tiefe Entspannung in den Handmuskeln spüren.

Ist hier kein Video zu sehen, bitte einen anderen Browser verwenden oder hier klicken: https://youtu.be/2AQYRRcNTns.
Transzendentale Meditation

Die transzendentale Meditation, die von Herbert Benson entwickelt wurde, ist eine einfache Form der Meditation, die jeder anwenden kann. Befolgen Sie diese Schritte 10 bis 20 Minuten täglich, um den Stress in Ihrem Leben zu verringern und sich zu konzentrieren.

  1. Setzen Sie sich ruhig und bequem hin.
  2. Schließen Sie die Augen.
  3. Beginnen Sie damit, die Muskeln an den Füßen zu entspannen, und arbeiten Sie sich bis zum Kopf vor, indem Sie die Muskeln entspannen.
  4. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Atmung.
  5. Atmen Sie tief ein und lassen Sie dann den Atem ausströmen. Zählen Sie Ihre Atemzüge für sich selbst. Oder wählen Sie ein Wort, einen Satz, ein Bild oder ein Gebet, auf das Sie sich konzentrieren. Sie können sich auch einfach darauf konzentrieren, wie Ihr Atem ein- und ausströmt.

Exkurs: Wohlbefinden in Krisenzeiten

Die COVID-19-Pandemie hat die bestehenden strukturellen Ungleichheiten in ganz Europa verschärft, die mit häuslicher Gewalt verbundenen Risiken und bestehende Schwachstellen und die Grenzen und Hindernisse innerhalb des Unterstützungssystems aufgezeigt. Die Pandemie hat dazu geführt, dass Fachkräfte, die mit Betroffenen von häuslicher Gewalt arbeiten, häufig zum ersten Mal auf entfernte Dienste zurückgreifen mussten. Dies hatte die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden dieser Fachkräfte zusätzlich beeinträchtigt.

Weitere Informationen über häusliche Gewalt in Zeiten von Katastrophen finden Sie in Modul 7.

Was sind die Aufgaben von Führungskräften Krisenzeiten?

  • Führungskräfte sind dafür verantwortlich, die Sicherheit und das Wohlbefinden aller Fachkräfte zu gewährleisten, sowohl physisch als auch psychisch.
  • Führungskräfte und Vorgesetzte müssen Maßnahmen ergreifen, um die psychische Gesundheit von Fachkräften zu schützen, insbesondere von solchen, die von zu Hause aus oder aus der Ferne arbeiten.
  • Führungskräfte sollten Strategien entwickeln und umsetzen, die Fachkräften helfen, ein sicheres und geeignetes Arbeitsumfeld für Fernarbeit zu schaffen, das Wohlbefinden zu fördern und Unterstützung anzubieten, wenn in Notfällen und Krisen psychische Probleme auftreten.

Organisationen können die folgenden Maßnahmen ergreifen, um die Krisenvorsorge, Krisenreaktion und Krisenbewältigung zu verbessern und arbeitsbedingten Stress, Burnout und andere psychische Probleme in solchen Zeiten zu mindern.16

Sichere Homeoffice-Arbeitsplätze in den Wohnungen von Berufstätigen einrichten
  • Berücksichtigen Sie die Präferenzen der Fachkräfte in Bezug auf die Arbeit im Homeoffice oder von Angesicht zu Angesicht im Büro.
  • Besprechen Sie mit den Mitarbeiter:innen die Herausforderungen der Fernarbeit, wie z. B. die Notwendigkeit sensibler Gespräche führen zu können, mögliche Auswirkungen auf gemeinsame Lebensräume, Gefühle der Isolation und Stress.
  • Stellen Sie sicher, dass die Mitarbeiter:innen über die notwendigen Werkzeuge und Geräte für die Fernarbeit verfügen, einschließlich Internetzugang, Computer, Software, Telefone, ergonomische Möbel usw. einschließlich Entwicklung von Richtlinien für den Zugang der Mitarbeiter zu Geräten und Technologien.
  • Stellen Sie die Vertraulichkeit und den Schutz von Kundendaten durch Einführung sicherer Speichersysteme für die Fernarbeit sicher.
Management des Wohlbefindens der Fachkräfte
  • Es ist wichtig, das Wohlbefinden der Mitarbeitenden in Krisensituationen im Blick zu haben und zu steuern, einschließlich regelmäßiger Rücksprachen mit den Fachkräften, speziellen Supervisionssitzungen, der Unterstützung durch Gleichaltrige und der Förderung von Arbeitspausen.
  • Zur Supervision in Notfällen gehört es, sich auf die persönlichen Auswirkungen der Arbeit mit häuslicher Gewalt zu konzentrieren, alternative Supervisionsmethoden in Erwägung zu ziehen, mögliche Traumaübertragungen in Wohngemeinschaften zu besprechen und psychische Gesundheitsdienste auf andere in Wohngemeinschaften lebende Personen auszuweiten.
  • Die Aufrechterhaltung sozialer Bindungen ist von wesentlicher Bedeutung, indem persönliche Rituale in virtuelle Versionen umgewandelt werden und regelmäßige Teamtreffen über Online-Plattformen geplant werden.
  • Eine adaptive Fallzuweisung und ein adaptives Fallmanagement stellen das Wohlergehen der Fachkräfte in den Vordergrund und berücksichtigen die Arbeitsbelastung, die Komplexität der Fälle und die Verfügbarkeit des Personals; dies beinhaltet eine regelmäßige Überprüfung der Fallzahlen und der Arbeitsbelastung.
  • Die Rekrutierung von Personal in Krisensituationen erfordert eine sorgfältige Abwägung der bisherigen Erfahrungen, Qualifikationen und kulturellen Kenntnisse, bevor Entscheidungen über die Rekrutierung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter:innen getroffen werden.
Kommunikation
  • Gute Kommunikation ist in Krisensituationen von entscheidender Bedeutung. Die Organisationen sollten interne und externe Kommunikationspläne entwickeln, um den Herausforderungen in Krisenzeiten besser begegnen zu können.
  • Interne Kommunikationspläne sollten klare Kanäle für die Übermittlung von Entscheidungen im Zusammenhang mit der Priorisierung von Fällen festlegen und sicherstellen, dass die psychische Gesundheit und das Wohlergehen der Mitarbeitenden bei allen Mitteilungen Vorrang haben.
  • Externe Kommunikationspläne sollten Kanäle für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit aufzeigen und klare und beruhigende Botschaften über Änderungen der Dienste und deren Verfügbarkeit während der Krise vermitteln.
  • Die Organisationen müssen die Auswirkungen von Leistungsänderungen auf Klient:innen/Patienten:innen und Mitarbeitenden berücksichtigen, konsistente Informationen über zentrale Kommunikationskanäle bereitstellen und Sprecher:innen für öffentliche Informationen ernennen, die die Kommunikation mit der Öffentlichkeit, den Medien und den Behörden koordinieren.
Aufbau einer belastbaren Belegschaft in Bezug auf häusliche Gewalt
  • Vorrangige Berücksichtigung der Gesundheit und Sicherheit von Fachkräften in Notfällen und Krisen durch Integration von Strategien zur Aufrechterhaltung von psychischer Gesundheit und Wohlbefinden.
  • Konzentration auf die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Belegschaft durch systematische Planung, Umsetzung und Überwachung von Strategien zur psychischen Gesundheit in Notfällen.
  • Beim Übergang von Organisationen von der Krisenreaktion zur Wiederherstellung des Zustandes vor der Krise, sollten die Widerstandsfähigkeit und Flexibilität der Belegschaft betont werden, um sich an zukünftige Krisen anzupassen.
  • Reflektion der Erfahrungen der Vergangenheit, um Stärken, Lücken und verbesserungswürdige Bereiche bei der Krisenbewältigung zu ermitteln unter Miteinbeziehung alle Ebenen der Organisation, um künftige Strategien zu entwickeln.

Fragen & Antworten: Selbstfürsorge17

Was soll ich tun, wenn die Betroffenen die angebotene Hilfe ablehnen?
  • Akzeptieren Sie ihre Entscheidung.
  • Warten Sie auf andere Möglichkeiten und versuchen Sie es später noch einmal.
  • Wenn Sie keine Lösung finden, machen Sie ein Brainstorming mit Kolleg:innen (Vertraulichkeit wahren).
  • Versuchen zu sich selbst zu sagen: „Ich habe mein Bestes getan. Ich habe das Bedürfnis, jetzt etwas Abstand von dem Fall zu nehmen“. Es ist Ihre Aufgabe, Wege anzubieten, nicht für die Betroffenen von Gewalt tätig zu werden.
Was soll ich tun, wenn nicht genügend Informationen über die Gewaltsituation vorhanden ist?
  • Überlegen Sie, welche Informationen unbedingt benötigt werden und wer sie liefern könnte.
  • Identifizieren Sie Risikofaktoren, bevor Sie Maßnahmen ergreifen.
  • Überlegen Sie gemeinsam mit Kolleg:innen, welche anderen Informationsquellen genutzt werden könnten.
  • Machen Sie einen Plan für Ihr Vorgehen.
  • Geben Sie Informationen und Vorschläge weiter, um Antworten zu erhalten.
Was soll ich im Falle einer Gefahr tun?
  • Überlegen Sie sorgfältig, ob es notwendig sein könnte, die Polizei zu rufen.
  • Informieren Sie Ihre Kolleg:innen und bitten Sie sie um Unterstützung.
  • Wenn unmittelbare Gefahr besteht, rufen Sie sofort die Polizei.
  • Bei verbaler Aggression rufen Sie nicht sofort die Polizei. Bei körperlichen Angriffen und wenn der/die Betroffene in Lebensgefahr schwebt, rufen Sie sofort die Polizei, da es sonst zu Problemen kommen kann.
  • Wenn keine unmittelbare Gefahr besteht, versuchen Sie mit dem/der Betroffenen zu sprechen.
Wie kann ich mit Kolleg:innen zusammenarbeiten und von ihnen lernen?
  • Seien Sie offen für neue Vorschläge.
  • Versuchen Sie es mit Humor.
  • Fragen Sie Ihre/n Kollegen:in, ob er/sie Ihnen Einblicke in seine/ihre Arbeit geben kann.
  • Gute Begegnungen mit und Unterstützung durch Ihre Kolleg:innen können in Fällen von häuslicher Gewalt sehr fruchtbar und stärkend sein.
Was soll ich tun, wenn ich das Gefühl habe, dass Kolleg:innen und/oder der unmittelbare Vorgesetzte mich nicht unterstützen?
  • Versuchen Sie, die richtige Art und Weise und den richtigen Ton zu finden, um zu sagen, was Sie sagen wollen.
  • Finden Sie einen Weg, Ihre Enttäuschung über einen Kolleg:in und/oder unmittelbaren Vorgesetzten auszudrücken. Versuchen Sie, es nicht persönlich zu nehmen.
Was soll ich tun, wenn ich Verspannungen und negativen Stress spüre?
  • Versuchen Sie, auf „Alarmsignale“ zu achten, wie z. B. Verspannungen im Nacken- und Schulterbereich, Müdigkeit, Unruhe, Schlafprobleme, Nervosität, usw.
  • Versuchen Sie, die Probleme auf verschiedenen Ebenen zu lösen (persönlich, zwischenmenschlich, am Arbeitsplatz, in der Organisation).
Was sollte ich tun, wenn ich die Probleme mit nach Hause bringe?
  • Führen Sie eine Nachbesprechung mit Kolleg:innen furch.
  • Sprechen Sie mit Freunden, aber geben Sie keine persönlichen Daten weiter.
  • Entspannen Sie sich, machen Sie lange Spaziergänge, nehmen Sie ein warmes Bad.
  • Atmen Sie tief durch.
Was soll ich tun, wenn ich nicht genug Zeit habe, um mein Arbeitspensum zu bewältigen?
  • Bitten Sie Kolleg:innen um Unterstützung.
  • Sprechen Sie mit Ihrer/m Vorgesetzten über eine Umstrukturierung Ihrer Aufgaben.
  • Schlagen Sie eine Teamsitzung vor, um die Probleme zu besprechen.
  • Versuchen Sie sich selbst neu zu organisieren.
  • Verpflichten Sie sich, Zeit für sich selbst und für Ihre Familie und Freunde zu nehmen.
Was sollte ich tun, wenn ich diese Anzeichen für mangelnde Selbstfürsorge bei einem/r Kolleg:in bemerke?
  • Erkennen Sie diese Anzeichen an und teilen Sie sie mit.
  • Ermutigen Sie dazu professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
  • Fördern Sie Aktivitäten zur Selbstfürsorge.
  • Schaffen Sie eine unterstützende Umgebung.

3. Stress

Häusliche Gewalt ist ein Problem für die direkt Betroffenen, kann aber auch für Fachkräfte eine große Herausforderung darstellen. Probleme, Frustrationen und Hindernisse können zu Stress oder sogar Burnout und in einigen Fällen zu einem sekundären Trauma führen, wenn sie nicht wirksam bewältigt werden. Für Fachkräfte ist es wichtig, sich der Risiken bewusst zu sein und die Anzeichen zu erkennen.

Definition von Stress

Stress kann als ein Zustand der Sorge oder der geistigen Anspannung definiert werden, der durch eine schwierige Situation verursacht wird.18,19

Stress kann „akut“ oder „chronisch“ sein20:

  • Akuter Stress tritt innerhalb weniger Minuten bis zu einigen Stunden nach einem Ereignis auf. Er dauert nur kurze Zeit an, in der Regel weniger als ein paar Wochen, und ist sehr intensiv. Er kann nach einem beunruhigenden oder unerwarteten Ereignis auftreten. Das kann zum Beispiel ein plötzlicher Trauerfall, ein Überfall oder eine Naturkatastrophe sein.
  • Chronischer Stress hält über einen längeren Zeitraum an oder kehrt immer wieder zurück. Dies kann der Fall sein, wenn Sie ständig unter großem Druck stehen. Sie können auch chronischen Stress empfinden, wenn Ihr Alltag schwierig ist, z. B., wenn Sie eine Pflegeperson sind, in Armut leben oder selbst häusliche Gewalt erleben. Chronischer Stress kann auch entstehen, wenn Sie mit traumatisierten Menschen arbeiten und/oder bei der Arbeit regelmäßig stressigen Situationen ausgesetzt sind.

Stress und unser Körper

Stress ist die Reaktion unseres Körpers auf eine Drucksituation (akut oder chronisch). Wenn wir Stress ausgesetzt sind, produziert unser Körper Stresshormone, die eine Kampf- oder Fluchtreaktion auslösen und unser Immunsystem aktivieren. Der Körper reagiert dann mit einer Alarmreaktion. Durch die Ausschüttung von Stresshormonen (z.B. Cortisol und Adrenalin) im Gehirn wird der Körper in Alarm versetzt und Blutdruck, Atmung und Herzfrequenz steigen unter anderem an.

Erfahren Sie im folgenden Video mehr darüber, wie sich Stress insbesondere auf das Gehirn und Körper auswirkt:

Anzeichen und Symptome von chronischem Stress

Zu viel und zu lange andauernder Stress kann dazu führen, dass wir uns in einer permanenten Kampf- oder Fluchtphase befinden, die uns überfordert oder unfähig macht, damit umzugehen. Langfristig kann dies unsere körperliche und geistige Gesundheit beeinträchtigen. Wenn eine Person unter langfristigem (chronischem) Stress steht, belastet diese andauernde Aktivierung der Stressreaktion den Körper. Es kommt zu körperlichen, emotionalen und verhaltensbezogenen Symptomen. Das autonome Nervensystem unseres Körpers spielt bei einigen dieser Symptome eine wichtige Rolle, da es unseren Herzschlag, unsere Atmung, Sehveränderungen und vieles mehr steuert.

Der Körper versucht, sich an eine länger anhaltende (chronische) Stresssituation anzupassen. In dieser sogenannten Widerstandphase treten oft die folgenden Symptome auf:

Körperliche Symptome von chronischem Stress

Körperliche Symptome von Stress können sein21:

  • Schnellere Atmung und schnellerer Herzschlag
  • Panikattacken
  • Schlafstörungen

Das folgende Video erklärt, was passiert, wenn wir nicht ausreichend schlafen:

Als Folge von chronischem Stress tritt eine Phase der Erschöpfung auf Grund der kontinuierlichen Überforderung auf: das Immunsystem ist weniger leistungsfähig, man wird schneller oder häufiger krank. Auch steigt das Risiko für das Auftreten psychischer Erkrankungen wie beispielsweise Angsterkrankungen, Burnout oder Depressionen.22

Emotionale und psychische Symptome von chronischem Stress
  • Sich reizbar, wütend, ungeduldig oder überdreht fühlen
  • Angespannt, nervös oder ängstlich sein
  • Unfähig, über etwas zu lachen (z. B., weil Sie Ihren Sinn für Humor verloren haben)
  • Sich reizbar fühlen
  • Sich von den Menschen in der eigenen Umgebung zurückziehen
  • Unfähigkeit, sich zu konzentrieren
  • Unfähigkeit, sich Dinge zu merken, oder ein langsameres Gedächtnis als gewöhnlich haben
  • Ständiges sorgen oder Angst haben
  • Mit den Zähnen knirschen oder den Kiefer zusammenpressen
  • Sexuelle Probleme, z. B. Verlust des Interesses an Sex oder Unfähigkeit, Sex zu genießen

Das folgende Video zeigt, in welchen Phasen unser Gedächtnis Informationen speichert und wie sich Stress auf diesen Prozess auswirkt:

Untertitel aktivieren: Klicken Sie während des Abspielens im Bildschirmbereich unten auf das Untertitel-Symbol (kleines Viereck mit Strichen). Der Untertitel wird direkt eingeblendet. Um die Untertitelsprache zu ändern, klicken Sie auf das Zahnrad daneben und wählen unter „Untertitel“ die gewünschte Sprache aus.
Hier geht es zu einem Erklärvideo.

Oft versuchen Menschen mit chronischem Stress, diesen mit ungesunden Verhaltensweisen zu bewältigen.23

Ungesundes Verhalten

Wenn Menschen gestresst sind, können sie folgendes ungesundes Verhalten entwickeln:

  • Rauchen
  • Drogen nehmen
  • Mehr Alkohol trinken als sonst

Ursachen von Stress

Viele Dinge können Stress verursachen. Vielleicht fühlen Sie sich wegen eines großen Ereignisses oder einer Situation in Ihrem Leben gestresst, vielleicht ist es aber auch eine Anhäufung von vielen kleineren Dingen. Sie können sowohl durch gute als auch durch schlechte Herausforderungen gestresst sein.

Manche Situationen, die Sie überhaupt nicht stören, können für jemand anderen eine Menge Stress bedeuten. Das liegt daran, dass wir alle von unterschiedlichen Erfahrungen geprägt sind. Wir verfügen auch über ein unterschiedliches Maß an Unterstützung und Möglichkeiten der Bewältigung. Manche Ereignisse können manchmal Stress auslösen, aber tun es nicht jedes Mal. Einige dieser Situationen können sogar als glückliche Ereignisse angesehen werden, aber sie können sich trotzdem sehr stressig anfühlen (z. B. eine Heirat oder der Beginn einer neuen Stelle).

Stress kann in verschiedenen Lebensbereichen auftreten24:

Bitte klicken Sie auf die Kreuze, um weitere Informationen zu möglichen Warnsignalen in den verschiedenen Lebensbereichen zu erhalten.

Die folgende Abbildung zeigt den Verlauf einer Stresskurve von zu wenig Stress bis hin zum Burnout:

Quelle: https://t2informatik.de/wissen-kompakt/yerkes-dodson-gesetz/

Unterforderung

  • Inaktiv: In dieser Phase ist das Stressniveau sehr niedrig, d.h. der Stress ist zu gering. Der Einzelne fühlt sich möglicherweise gelangweilt, nicht mehr engagiert und unmotiviert. Der Druck, etwas zu tun oder sich zu konzentrieren, ist unzureichend.
  • Zurückhaltend: Wenn das Stressniveau leicht ansteigt, fühlen sich die Menschen zwar entspannt, aber es fehlt ihnen noch immer an Leistungsbereitschaft. Es gibt nur minimale Dringlichkeit oder Herausforderungen, die die Produktivität anspornen.

Herausforderung und optimale Leistung

  • Stress als produktive Kraft: Wenn der Stress ein moderates Niveau erreicht, steigt die Energie und die Konzentration des Einzelnen. Diese Phase ist durch erhöhte Wachsamkeit und Motivation gekennzeichnet und führt zu hohen Leistungen. Dies ist die Zone der optimalen Leistung, in der Stress als positive Kraft wirkt.

Überforderung

  • Überforderung: Bei Überschreiten des optimalen individuelle Stressniveaus wird der Stress zu hoch, was zu einem Leistungsabfall führt. Der Einzelne kann körperlich und geistig erschöpft sein, was zu einer geringeren Produktivität führt. Der Stress beginnt, Körper und Geist zu belasten, so dass es schwierig wird, eine hohe Leistung aufrechtzuerhalten.

Burnout

  • Ist dieser Punkt erreicht, kann anhaltend hoher Stress zu einem vollständigen Zusammenbruch führen. Diese Phase ist durch starke körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung gekennzeichnet.

Wichtig ist: Manche Menschen, die unter starkem Stress leiden, können Selbstmordgedanken entwickeln. Dies kann sehr belastend sein. Bei langanhaltenden Phasen von Stress und sollten ähnliche Symptome wie zuvor beschrieben, auftreten, sollte man das nicht ignorieren, sondern professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, da Selbstfürsorgeroutinen wie Meditation und Bewegung möglicherweise nicht ausreichen. Hausärzt:innen können erste Ansprechpartner:innen sein, um Betroffene zu unterstützen Wege aus dieser Stressspirale zu findenund können helfen, diese schwierigen Zeiten sicher zu überstehen.


4. Burnout-Syndrom

Definition des Burnout-Syndroms

Der Begriff „Burnout“ wurde 1974 von dem amerikanischen Psychologen Herbert Freudenberger geprägt. Er benutzte ihn, um die Folgen von starkem Stress und hohen Idealen in helfenden Berufen zu beschreiben. Ärzte und Krankenschwestern zum Beispiel seien oft „ausgebrannt“ – erschöpft, lustlos und überfordert.25

Die ICD-11 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Burnout als ein berufliches Phänomen, das aus chronischem Stress am Arbeitsplatz resultiert, der nicht erfolgreich bewältigt wurde.26 Es wird als ein Missverhältnis zwischen den Herausforderungen der Arbeit und den geistigen und körperlichen Ressourcen einer Person eingestuft, ist aber nicht als eigenständiger medizinischer Zustand anerkannt.

Dieser Zustand kann zu Angst/Angst/Panik führen, was die Funktionsfähigkeit von Betroffenen erheblich beeinträchtigt. Schließlich kann ein vollständiger Zusammenbruch folgen. Dieser kann sich in Form von schwerer Müdigkeit, Depressionen oder dem völligen Rückzug von Aktivitäten äußern.

Symptomatik, die auf Burnout hindeuten kann27:

  • Gefühle der Erschöpfung: Die Betroffenen fühlen sich ausgelaugt und emotional erschöpft, sind überfordert, müde und niedergeschlagen und haben nicht genügend Energie. Zu den körperlichen Symptomen gehören unter anderem eine Schmerzsymptomatik und Magen-Darm-Probleme (Magen oder Darm).
  • Zunehmende emotionale Distanz zur Arbeit oder Gefühle von Negativismus oder Zynismus im Zusammenhang mit der Arbeit: Menschen, die an Burnout leiden, empfinden ihre Arbeit als zunehmend stressig und frustrierend. Sie können anfangen, zynisch über ihre Arbeitsbedingungen und ihre Kollegen:innen zu denken. Gleichzeitig distanzieren sie sich zunehmend emotional und fühlen sich ihrer Arbeit gegenüber gefühllos.
  • Geringere berufliche Leistungsfähigkeit: Burnout betrifft vor allem die alltäglichen Aufgaben am Arbeitsplatz, zu Hause oder bei der Pflege von Familienangehörigen. Menschen mit Burnout sind ihren Aufgaben gegenüber sehr negativ eingestellt, können sich nur schwer konzentrieren, sind lustlos und wenig kreativ.

In diesem Video wird das Burnout-Syndrom und dessen Symptomatik noch einmal zusammengefasst:

© VIPROM

Diagnose von Burnout

Im Jahr 1981 entwickelten Maslach und Jackson das erste weit verbreitete standardisierte Messinstrument zur Bewertung von Burnout, der „Maslach Burnout Inventory (MBI)-Test“. Es ist nach wie vor das bei weitem am häufigsten verwendeten Instrument zur Bewertung von Burnout. In diesem Instrument werden diese drei Dimension von Symptomen abgefragt: emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung (eine gefühllose und unpersönliche Reaktion gegenüber den Empfänger:innen der eigenen Dienstleistung, Pflege, Behandlung oder Anleitung) und verminderter persönlicher Leistung besteht.28

Der MBI konzentrierte sich ursprünglich auf soziale Berufe (z. B. Lehrer:innen, Sozialarbeiter:innen). Seitdem wurde das MBI für eine breitere Palette von Berufsgruppen (z. B. Gesundheitsberufe) eingesetzt.

Mehr Informationen finden Sie hier: https://www.hilfe-bei-burnout.de/


5. Sekundäre Traumatisierung

Definition von sekundärer Traumatisierung

„Trauma“ ist ein altgriechisches Wort und bedeutet Wunde oder Verletzung. In der Psychologie bezieht sich Trauma auf eine schwere psychische Verletzung. Ein Trauma entsteht oft durch Erfahrungen, bei denen eine Person einer erheblichen Bedrohung und Hilflosigkeit ausgesetzt ist.29 Ein sekundäres Trauma ist die Auswirkung des Wissens über ein traumatisches Erlebnis einer anderen Person – also ein Trauma, das man nicht selbst erlebt hat – auf die eigene Psyche.  Dieses entsteht oft im zeitlichen Abstand zum ursprünglichen Trauma und ist unbewusst.

Die sekundäre Traumatisierung ist auch unter anderen Namen bekannt, darunter:

  • Sekundäres Trauma
  • Trauma aus zweiter Hand
  • Sekundärer traumatischer Stress

Manchmal kann eine sekundäre Traumatisierung zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) oder anderen psychischen Problemen wie Depressionen und Angstzuständen führen.30

Anzeichen und Symptome einer sekundären Traumatisierung

Die Symptome einer sekundären Traumatisierung können körperliche, emotionale und verhaltensmäßige Auswirkungen haben31:

  • Albträume mit Widererleben des Traumaterials der traumatisierten Person
  • Sozialer Rückzug, Interessensverlust
  • Stressbedingte medizinische Zustände, z.B. Depressivität
  • Flashbacks durch eigene erlebte Traumata (davon Betroffenen bekommen Herzrasen und einen trockenen Mund, können schwitzen und sich genauso fürchten wie damals in der ursprünglichen Situation).

Eine sekundäre Traumatisierung kann bei Menschen auftreten, die mit Traumaüberlebenden zu tun haben oder Zeug:innen traumatischer Ereignisse sind, insbesondere wenn diese wiederholt auftreten.32 Aus diesem Grund ist dieses bei Berufsgruppen, die dafür bekannt sind, anderen zu helfen, wie Therapeut:innen, Sozialarbeiter:innen, Polizist:innen, Feuerwehrleuten, Sanitäter:innen, Lehrer:innen und Ärzt:innen, weit verbreitet.

Wer kann besonders gefährdet sein, von einer sekundären Traumatisierung betroffen zu werden?

  • Eigene frühere und nicht verarbeitete Traumata, z.B. häusliche Gewalt in der Familie
  • Parallelen zu eigenen Lebenssituation
  • Eigenes hohes Stressniveau

Wie kann man eine sekundäre Traumatisierung vorbeugen?

  • Gute Selbstfürsorge
  • Gute Arbeitsbedingungen und kollegiales Miteinander im Team
  • Angehen von bewussten Traumata mit professioneller Hilfe

In diesem Video werden anhand eines Fallbeispiels die sekundäre Traumatisierung, deren Symptome und mögliche Präventionsmaßnahmen zusammengefasst:


Die folgende Checkliste enthält weitere Anzeichen, auf die Sie achten sollten.33 Die Dinge auf der Liste bedeuten nicht unbedingt, dass Sie unter Burnout oder einem sekundären Trauma leiden. Wenn Sie eine der Fragen mit „Ja“ beantworten, kann dies aber ein Hinweis darauf sein, dass Sie mit jemandem sprechen sollten, um weitere Unterstützung zu erhalten.

Checkliste Burnout und sekundäre Traumatisierung
  • Verändern sich Ihre Beziehungen zu engen Freund:innen, Familie, Kindern oder dem/der Partner:in zum Schlechteren?
  • Sind Sie häufiger als sonst reizbar, ängstlich, aufgeregt oder „schnippisch“?
  • Machen Sie sich Sorgen um Ihre Arbeitsleistung?
  • Vermeiden Sie den Kontakt zur Arbeit, zu Kund:innen oder Patient:innen oder haben Sie Angst davor?
  • Bemerken Sie Stimmungsschwankungen oder haben Sie das Gefühl, dass Ihre Stimmungen manchmal außer Kontrolle geraten?
  • Fühlen Sie sich niedergeschlagen, traurig, energielos, grundlos übermüdet oder haben Sie das Gefühl, dass Sie sich von den Dingen um Sie herum abwenden, wenn Sie gestresst sind?
  • Fühlen Sie sich ausgelaugt oder bekommen Sie mehr Erkältungen oder Infektionen als sonst?
  • Fühlen Sie sich unsicher oder sind Sie übermäßig um Ihre Sicherheit besorgt?
  • Beruhigen Sie sich auf eine Art und Weise, die Sie betäubt oder die später zu noch mehr Stress führen kann, z. B. durch gedankenloses Essen, Alkohol- oder Drogenkonsum oder Rauchen?
  • Haben Sie das Gefühl, dass Sie die Hoffnung verloren haben oder dass es wenig „Gutes“ in der Menschheit gibt?
  • Haben Sie Albträume, schlafen Sie schlecht, haben Sie aufdringliche Gedanken oder Bilder, die Sie beunruhigen?

Fallstudie: Selbstfürsorge im Gesundheitsbereich bei häuslicher Gewalt

Emma ist Ärztin und arbeitet in der Notaufnahme eines städtischen Krankenhauses. Sie hat regelmäßig mit Betroffenen von häuslicher Gewalt zu tun, die medizinische Hilfe benötigen. In ihrer Rolle konzentriert sie sich darauf, die körperlichen Verletzungen der betroffenen Personen zu behandeln und sicherzustellen, dass sie die notwendige Unterstützung erhalten.

Als Ärztin ist Emma an die Arbeit in stressigen und emotional belastenden Situationen gewöhnt. Sie hat gelernt, professionell zu bleiben, während sie sich um die Bedürfnisse ihrer Patient:innen kümmert. Allerdings fühlt sie sich oft von der Zahl der Patient:innen, die sie behandeln muss, und den schweren Verletzungen, die sie erlebt, überfordert. Sie merkt, dass sie zunehmend erschöpft ist und oft ein schlechtes Gewissen hat, wenn sie Pausen macht oder Hilfe sucht.

Mögliche Antworten auf die Reflektionsaufgaben

(1) Emma steht bei der Selbstfürsorge vor mehreren Herausforderungen, darunter:

  • Emotionaler Tribut: Das Miterleben schwerer Verletzungen und die Traumata von Betroffenen von häuslicher Gewalt kann emotional sehr belastend sein.
  • Hohe Arbeitsbelastung: Die schiere Anzahl der Patient:innen und die Dringlichkeit ihrer Bedürfnisse können überwältigend sein.
  • Leistungsdruck: Unter Druck einen hohen Betreuungsstandard aufrechtzuerhalten, kann stressig sein.
  • Gefühle der Hilflosigkeit: Emma könnte sich frustriert fühlen, wenn sie den Eindruck hat, dass sie nicht genug tun kann, um ihren Patient:innen über ihre unmittelbaren körperlichen Verletzungen hinaus zu helfen.
  • Sekundäre Traumatisierung: Der wiederholte Kontakt mit den Geschichten und dem Leid der Betroffenen kann zu einer sekundären Traumatisierung führen.

(2) Fachkräfte des Gesundheitswesens wie Emma haben möglicherweise Probleme mit der Selbstfürsorge:

  • Wahrgenommene Schwäche: Um Hilfe zu bitten oder Pausen einzulegen, kann als Zeichen von Schwäche oder Unfähigkeit, die Arbeit zu bewältigen, wahrgenommen werden.
  • Arbeitskultur: Im Gesundheitssektor wird häufig implizit erwartet, dass die Patientenversorgung Vorrang vor persönlichen Bedürfnissen hat.
  • Zeitliche Zwänge: Die anspruchsvolle Arbeit in einer Notaufnahme lässt wenig Zeit für Pausen oder Selbstfürsorgeaktivitäten.
  • Schuldgefühle: Emma könnte sich schuldig fühlen, weil sie sich Zeit für sich selbst nimmt, obwohl die Patient:innen ihre Betreuung brauchen.

Zu den Faktoren, die Emma helfen könnten, ihren Bedarf an Unterstützung zu erkennen, gehören:

  • Auftreten von körperlichen Symptomen: Müdigkeit, Kopfschmerzen oder andere stressbedingte Symptome.
  • Auftreten von psychischen Symptomen: Erhöhte Reizbarkeit, Angstzustände oder das Gefühl, von der Arbeit sich distanziert zu sein.
  • Rückmeldungen von Kolleginnen: Kolleg:innen, die Veränderungen in ihrem Verhalten oder ihrer Leistung ansprechen, könnten sie dazu veranlassen, über ihr Wohlbefinden nachzudenken.
  • Weiterbildung: Sensibilisierungsprogramme über die Bedeutung der Selbstfürsorge und das Erkennen von Burnout-Symptomen.

Emma kann dadurch ermutigt werden, Hilfe zu suchen und anzunehmen:

  • Unterstützung durch eine Führungskraft: Ermutigung durch Vorgesetzte und eine unterstützende Arbeitskultur.
  • Unterstützung durch Kolleg:innen: Aufbau eines Netzwerks von Kollegen, die gegenseitige Unterstützung und Verständnis bieten können.
  • Zugang zu professioneller Hilfe: Verfügbarkeit von Beratungsdiensten.

(3) Die Vernachlässigung der Selbstfürsorge kann sich erheblich auf die Leistung und das Wohlbefinden von Emma auswirken, unter anderem:

  • Probleme mit der körperlichen Gesundheit: Erhöhtes Krankheitsrisiko aufgrund von Stress und zu wenig Ruhezeiten.
  • Psychische Gesundheitsprobleme: Erhöhtes Risiko von Angstzuständen, Depressionen und anderen psychischen Problemen.
  • Burnout: Emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung und ein geringeres Gefühl der persönlichen Erfüllung.
  • Geringere Leistung: Verminderte Fähigkeit, sich zu konzentrieren, Entscheidungen zu treffen und Betreuung von Patient:innen zu leisten.

(4) Emma kann zum Beispiel verschiedene Maßnahmen ergreifen, um ihre Selbstfürsorge zu verbessern:

  • Regelmäßige Pausen: Sicherstellen, dass sie während ihrer Schichten regelmäßig Pausen macht, um sich auszuruhen und neue Energie zu tanken.
  • Gesunde Lebensweise: Sich gesund ernähren, regelmäßig Sport treiben und darauf achten ausreichend Schlaf bekommen.
  • Achtsamkeitsübungen: Achtsamkeits-, Meditations- oder Entspannungstechniken zur Stressbewältigung anwenden.
  • Professionelle Unterstützung: Inanspruchnahme von Beratung oder Therapie, um Erfahrungen und Gefühle zu verarbeiten.
  • Grenzen setzen: Grenzen setzen, um Arbeit und Privatleben in Einklang zu bringen.

(5) Um Fachkräften des Gesundheitswesens wie Emma zu helfen, ihre Selbstfürsorge zu verbessern, sollte das Arbeitsumfeld so gestaltet sein:

  • Schaffung einer unterstützenden Kultur: Ermutigung zu offenen Diskussionen über Selbstfürsorge und psychische Gesundheit.
  • Einhaltung von Arbeitszeiten: Einhaltung von Arbeitszeiten, um Ruhe und Erholung zu ermöglichen.
  • Zugang zu Wellness-Angeboten: Zugang ermöglichen zu Wellness-Angeboten, die Ressourcen für die körperliche, geistige und emotionale Gesundheit stärken und Workshops zur Stressbewältigung.
  • Peer-Support-Systeme: Einrichtung von Peer-Support-Gruppen, in denen die Mitarbeitenden Erfahrungen und Bewältigungsstrategien austauschen können.
  • Schulung von Führungskräften: Schulung von Führungskräften, damit sie Anzeichen von Burnout erkennen und ihre Teams wirksam unterstützen können.

(6) Zu den Ressourcen und Unterstützungsmechanismen, die für Angehörige der Gesundheitsberufe von Nutzen sein könnten, gehören:

  • Beratungs- und Unterstützungsdienste: vertrauliche Beratungs- und Unterstützungsdienste anbieten
  • Professionelle Beratung: Zugang zu Fachleuten für psychische Gesundheit, die auf die Arbeit mit Beschäftigten im Gesundheitswesen spezialisiert sind.
  • Schulungen und Workshops: Regelmäßige Schulungen zu Stressbewältigung, Resilienz und Selbstfürsorgepraktiken.
  • Peer-Selbsthilfegruppen: Moderation von Peer-Support-Gruppen zum Austausch von Erfahrungen und Strategien.
  • Sabbatical-Urlaub: Bereitstellung von Möglichkeiten für Sabbaticals, um eine längere Erholungszeit zu ermöglichen.

Alle Sektoren enthalten verschiedene Fallstudien. Besuchen Sie Modul 9 für die Polizei, den sozialen Sektor und die Justiz, um mehr zu erfahren.




Quellen

  1. Word Health Organization. 2022. Self-care interventions for health. https://www.who.int/news-room/questions-and-answers/item/self-care-interventions-for-health ↩︎
  2. Ferreira, E., Figueiredo, A. S., and Santos, A. 2023. Understanding the Emotional Impact and Coping Strategies of Professionals Working with Domestic Violence Victims. Social Sciences 12(9), 525. https://doi.org/10.3390/socsci12090525 ↩︎
  3. Ferreira, E., Figueiredo, A. S., and Santos, A. 2023. Understanding the Emotional Impact and Coping Strategies of Professionals Working with Domestic Violence Victims. Social Sciences 12(9), 525. https://doi.org/10.3390/socsci12090525 ↩︎
  4. American Psychological Association (APA). 2018. APA Dictionary of Psychology. Resilience. https://dictionary.apa.org/resilience ↩︎
  5. Mind. 2022. Stress. Managing stress and building resilience. https://www.mind.org.uk/information-support/types-of-mental-health-problems/stress/managing-stress-and-building-resilience/ ↩︎
  6. Therapist Aid. 2018. Self-Care Assessment. https://www.therapistaid.com/worksheets/self-care-assessment ↩︎
  7. Homeless and Housing Resource Center (HHRC). 2023. Self-Assessment Tool: Self-Care. https://hhrctraining.org/system/files/paragraphs/download-file/file/2022-06/HHRC%20Handout_Self%20Care%20Assessment%20Tool%20-%20Updated_508.pdf ↩︎
  8. Equal + Safe. 2024. Prioritising your wellbeing. https://safeandequal.org.au/working-in-family-violence/wellbeing-self-care-sustainability/prioritising-your-wellbeing/ ↩︎
  9. 1800 Respect. 2024. Wellbeing and self-care. https://www.1800respect.org.au/resources-and-tools/wellbeing-and-self-care ↩︎
  10. 1800 Respect. 2024. Preventing work-induced stress and trauma. https://www.1800respect.org.au/resources-and-tools/work-induced-stress-and-trauma/preventing ↩︎
  11. Equal + Safe. 2024. Employer responsibilities. https://safeandequal.org.au/working-in-family-violence/wellbeing-self-care-sustainability/employer-responsibilities/ ↩︎
  12. Homeless and Housing Resource Center (HHRC). 2023. Self-Assessment Tool: Self-Care. https://hhrctraining.org/system/files/paragraphs/download-file/file/2022-06/HHRC%20Handout_Self%20Care%20Assessment%20Tool%20-%20Updated_508.pdf ↩︎
  13. Hofmann, E. 2020. Progressive Muskelentspannung, Göttingen: Hogrefe-Verlag. ↩︎
  14. Naeher-Zeiffer, A. et al. 2013. Progressive Muskel-Entspannung, Berlin: Springer-Verlag. ↩︎
  15. Von Seckendorff, R. 2009. Auswirkungen eines 6-wöchigen Entspannungstrainings (Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson) auf Blutdruck, Herzfrequenz und Herzratenvariabilität sowie psychologische Parameter. https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/4527/pmrdiss300309Abgabeversion.pdf?sequence=1&isAllowed=y ↩︎
  16. Monash Gender and Family Violence Prevention Centre, Domestic Violence Victoria & Domestic Violence Resource Centre Victoria. 2021. Best Practice Guidelines: Supporting the Wellbeing of Family Violence Workers During Times of Emergency and Crisis. Monash Gender and Family Violence Prevention Centre, Monash University, Victoria, Australia.
    https://bridges.monash.edu/articles/online_resource/Best_Practice_Guidelines_Supporting_the_Wellbeing_of_Family_Violence_Workers_During_Times_of_Emergency_and_Crisis/14605005 ↩︎
  17. 1800 Respect. 2024. Preventing work-induced stress and trauma. https://www.1800respect.org.au/resources-and-tools/work-induced-stress-and-trauma/preventing ↩︎
  18. World Health Organization. 2023. Stress. https://www.who.int/news-room/questions-and-answers/item/stress ↩︎
  19. Mental Health Foundation. 2023. Stress. https://www.mentalhealth.org.uk/explore-mental-health/a-z-topics/stress ↩︎
  20. Mind. 2022. Stress. What is stress? https://www.mind.org.uk/information-support/types-of-mental-health-problems/stress/what-is-stress/ ↩︎
  21. Mind. 2022. Stress. Signs and symptoms of stress. https://www.mind.org.uk/information-support/types-of-mental-health-problems/stress/signs-and-symptoms-of-stress/ ↩︎
  22. Mind. 2022. Stress. Signs and symptoms of stress. https://www.mind.org.uk/information-support/types-of-mental-health-problems/stress/signs-and-symptoms-of-stress/ ↩︎
  23. Mind. 2022. Stress. Signs and symptoms of stress. https://www.mind.org.uk/information-support/types-of-mental-health-problems/stress/signs-and-symptoms-of-stress/ ↩︎
  24. Mind. 2022. Stress. What causes stress? https://www.mind.org.uk/information-support/types-of-mental-health-problems/stress/causes-of-stress/ ↩︎
  25. National Library of Medicine. 2020. Depression: What is burnout? https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK279286/ ↩︎
  26. World Health Organization. 2024. Burn-out an “occupational phenomenon”. https://www.who.int/standards/classifications/frequently-asked-questions/burn-out-an-occupational-phenomenon ↩︎
  27. National Library of Medicine. 2020. Depression: What is burnout? https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK279286/ ↩︎
  28. Maslach, Christina & Jackson, Susan. 1981. The Measurement of Experienced Burnout. Journal of Organizational Behavior. 2. 99 – 113. https://www.researchgate.net/publication/227634716_The_Measurement_of_Experienced_Burnout ↩︎
  29. Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch. 2024. Trauma. https://www.hilfe-portal-missbrauch.de/en/good-to-know/trauma ↩︎
  30. PsychCentral. 2022. What Is Vicarious Trauma? https://psychcentral.com/health/vicarious-trauma ↩︎
  31. PsychCentral. 2022. What Is Vicarious Trauma? https://psychcentral.com/health/vicarious-trauma ↩︎
  32. Branson, D. C. 2019. Vicarious trauma, themes in research, and terminology: A review of literature. Traumatology, 25(1), 2–10. https://doi.org/10.1037/trm0000161 ↩︎
  33. 1800 Respect. 2024. Checklist for work-induced stress and trauma. https://www.1800respect.org.au/resources-and-tools/work-induced-stress-and-trauma/checklist ↩︎